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Ein Abschied von Videospielanleitungen

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. In den seltensten Fällen freut er sich über Veränderungen. Sind wir mal ehrlich… wer hat nicht schon mit den Augen gerollt, da ein Arbeitsablauf in Arbeitsalltag vom Chef geändert wurde, weil er es als besser oder effizienter angesehen hat? Veränderungen können in großen und kleinen Varianten auftauchen.

Die einen sind dafür, die anderen dagegen, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof unter die Erde kommt. Die einen gehen auf die Barrikaden, dass sich das Gesicht auf der Kinderriegel Packung geändert hat und die anderen finden das neue Design toll. Eine ganz andere Gruppe interessiert sich kein Stück für die oben genannten Themen. Das gleiche gilt wohl für diesen Beitrag.

Ein leises „Servus“ an Videospielanleitungen

„Seltsames Thema“ denkt sich vielleicht der ein oder andere gerade. Natürlich mag sich der Titel nicht einreihen zwischen „klassischer Musik in Videospielen“ oder „der Rolle der Frau in Videospielen“ trotzdem steckt auch hier Kultur drin. Videospielanleitungen sind ein Teil der Kultur – Videospiel-Kultur.

Videospielanleitungen hatten zu Kindestagen bereits eine große Wirkung auf Videospieler. Sie waren wie Comics oder kleine Tore, durch die man in die Welt von Super Mario blicken konnte und das auch ohne den Gameboy oder das NES dabei zu haben.

Oft wurden die bunten Heftchen auch dazu benutzt, eine Geschichte zu erzählen. Die Anleitungen selbst waren schon das halbe Abenteuer.


Selten war es möglich oder überhaupt nötig die Geschichte von sich bewegenden, bunten Blöcken zu erzählen. Final Fantasy oder Ninja Gaiden gelang es durch viele Ingame-Dialoge oder Zwischensequenzen eine Handlung zu spinnen und zu erzählen. Ein Super Mario Bros. verriet nur über die Anleitung, dass Bowser sämtliche Bewohner des „Pilzkönigreichs“ in Blöcke verwandelt hatte (was, wenn man es eigentlich genauer betrachtet Mario zu einem Massenmörder macht…).

Andere Entwickler nutzen das Heft, um dem Spieler das Spiel näher zu bringen. Ein gutes Videospiel zeichnet sich durch „pick up and play“ aus. Ausgeführt bedeutet diese Bezeichnung, dass der Spieler ohne große Erklärungen, Beschreibungen oder Tutorials in der Lage ist ein Spiel zu spielen und zu verstehen. Heutzutage scheinen viele Spiele diese Fähigkeit verloren zu haben, aber das heben wir uns für eine anderen Bericht auf.


Bei einem Mega Man werdet ihr nie das Problem haben, nicht sofort loslegen zu können. Und dennoch ist der Blick in die Anleitung nicht nur eine Reise in die Vergangenheit, sondern zeigt auch auf mit wie wenig Mitteln Spieledesigner ein Spiel vermitteln mussten und vor allem konnten. Viele Videospiele wurden damals behandelt wie traditionelle Brettspiele. Erklärungen gab es nur im kleinen beigelegten Heft.

Anleitungen waren also durchaus eine angebrachte Lösung ein Spiel zu erklären. Heutzutage kann man sich auf ausführliche Tutorials verlassen, die im Spiel integriert sind. Andere Quellen wie Walkthroughs oder Let’s Plays informieren euch im Internet.


Im 21 Jahrhundert ist die Videospielindustrie ein Milliardengeschäft. Dem entsprechend viel Geld verschlingt auch das Produzieren eines Spiels. Hunderte von Leuten entwickeln ein Spiel, während es zu NES Zeiten noch 1 – 15 Mann waren. Da suchen Hersteller nach Möglichkeiten die Kosten zu reduzieren. Leider traf es in den letzten Jahren bei immer mehr Firmen die Videospielanleitung.

Es häuften sich inzwischen lieblose graue Bögen mit wenig Text und noch weniger Bildern. Inzwischen sind es nur noch lose doppelseitig bedruckte Seiten auf denen Sicherheitswarnungen stehen, da sich die gesamte Anleitung auf der Disk oder der Card befindet. Selbst Nintendo, die uns jahrelang mit bunten und kreativ gestalteten Anleitungen versorgt hat, ist inzwischen soweit. Mit der Veröffentlichung des Nintendo 3DS gab es nur noch zusammengefaltete Seiten mit einer Kurzbeschreibung. Auf der Wii U war Game & Wario das erste Spiel von Nintendo ohne eine Anleitung und somit starb die letzte Bastion der Videospielanleitung.


In einem Zeitalter in dem die Industrie immer mehr auf herunterladbare Titel drängt, mag es nicht überraschend sein den langsamen Tod der Anleitung zu verfolgen, gefallen muss es jedoch nicht.

Man kann hier Gefühlsduselei unterstellen oder Lärm um nichts aber sind wir mal ehrlich… wer saß nicht auf der Toilette und hat in der Anleitung von Super Mario World geblättert, saß mit Freunden in der Schule und hat sich die bunten Bilder angesehen oder hat in den letzten Minuten vor dem Schlafengehen das Artwork eines Bossgegners wiedererkannt.

Mit diesem Beiratg verabschieden wir uns. Mach es gut Anleitung. Ich werde mich zwar weiterhin an deiner Vergangenheit erfreuen, deine Gegenwart und Zukunft jedoch betrauern.

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