Wenn ihr Rendering Ranger: R² [Rewind] spielt, betretet ihr keine gewöhnliche Retro-Welt. Was hier auf den Bildschirm kracht, ist das Ergebnis eines Ausnahmeentwicklers: Manfred Trenz – bekannt durch Klassiker wie Turrican – erschuf in den 90ern ein Spiel, das zwar beinahe unterging, aber heute als Klassiker gilt. Und dank des Rewind-Releases gibt es endlich eine offizielle, moderne Veröffentlichung für eines der vielleicht ambitioniertesten SNES-Spiele aller Zeiten. Doch Vorsicht: Dieses Spiel will euch wehtun – und tut es mit Genuss.
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Damals wars so einfach
Die Geschichte? Wie so oft bei Arcade-Klassikern eher Kulisse als tragendes Element. Irgendeine Alien-Invasion, ein Cyborg-Soldat, der dagegenhält, und ein Planet, der kurz vor dem Untergang steht. Das klingt nach Standard, doch Rendering Ranger nutzt seine simple Prämisse, um euch in eine durchinszenierte 16-Bit-Schlacht zu schicken, in der kaum eine Sekunde zum Durchatmen bleibt. Zwischen mechanischen Höllenwesen, flammenden Tunneln und pixeliger Apokalypse kämpft ihr euch durch neun unfassbar intensive Level – mal zu Fuß im Run-’n-Gun-Stil à la Contra, mal in rasantem Horizontal-Shooter-Modus mit Shmup-Mechaniken, die fast an R-Type erinnern.
Trenz Entwicklerfähigkeiten zeigt sich nicht nur im Genre-Mix, sondern in der Detailverliebtheit des Gameplays: Vier unterschiedliche Waffentypen lassen sich im Eifer des Gefechts wechseln – von streuenden Vulcan-Schüssen bis zu Laserkanonen, die ganze Bosse durchbohren. Power-Ups, Mega-Waffen, Satelliten-Drohnen im Shmup-Modus – das Arsenal ist breit und taktisch fordernd. Und anders als bei den meisten Vertretern dieses Genres hält der Ranger mehrere Treffer aus, was das Spiel zwar nicht einfacher, aber zumindest etwas zugänglicher macht. Dennoch: Erwartet kein sanftes Retro-Schmusekissen. Dieses Spiel will euch überrollen – und zwar mit purer Gewalt.
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Die größte Schwäche liegt in der Modernisierung selbst. Während Rewind sinnvolle Features wie Speicherstände, eine Musikgalerie und Filter bietet, lässt es bei der Benutzerführung viel liegen. Essenzielle Informationen – etwa wie man das Zielen fixiert oder die Geschwindigkeit im Shmup-Modus ändert – fehlen im digitalen Handbuch völlig oder verstecken sich in einer separaten, externen Anleitung. Das führt zu Frustmomenten, die man dem Spiel nicht unbedingt selbst, wohl aber der Emulation ankreiden muss. Wer hier nicht vorbereitet ist, tappt schnell in Sackgassen – mit dem Gefühl, das Spiel sei unfair, obwohl es eigentlich nur unklar kommuniziert.
Grafik & Sound
Grafisch zeigt sich Rendering Ranger von einer besonderen Seite. Die prägerenderten Sprites erinnern stark an das, was Rare mit Donkey Kong Country etabliert hat – mit dem Unterschied, dass Trenz noch grotesker, düsterer und maschineller designt hat. Gegner wirken oft wie biomechanische Albträume, Bosse wie aus einem Cyberpunk-Fiebertraum. Der Wechsel zwischen Shmup und Run’n’Gun wirkt nahtlos, die Levelarchitektur ist durchdacht und oft erbarmungslos eng. Besonders in den späteren Stages, in denen Tunnel zu rasanten Todesfallen werden, zeigt sich die Präzision des Game Designs – aber auch, wie schnell das Spiel gnadenlos überfordern kann. Wer hier überleben will, muss lernen, speichern, lernen – und dann wieder von vorn.
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Soundtechnisch liefert das Spiel den passenden Puls für den Adrenalinrausch. Elektronisch, düster, treibend – mit Tracks, die den Nerv der 90er exakt treffen und trotzdem erstaunlich frisch wirken. Besonders in den Shmup-Stages tragen die Tracks enorm zur Stimmung bei, wirken fast wie eine Reizüberflutung in Audioform. Passend zum visuellen Bombast ist die Musik selten subtil, dafür umso wirkungsvoller.Ein besonderes Schmankerl für Historiker ist die beigelegte PAL-Version Targa, die nie offiziell erschienen ist. Weniger Gegner, weniger Härte, dafür mit Helm-ab-Optik und einem Helden, der aussieht wie ein Metal-Gitarrist aus einem 80er-Poster. Nostalgisch? Sicher. Besser? Nicht wirklich. Die Urfassung von Rendering Ranger bleibt die definitive Version – wuchtig, fordernd, kompromisslos.
Fazit: Was bleibt ist ein Spiel, das als Denkmal an eine Ära steht, in der Entwickler ohne Netz und doppelten Boden entwerfen konnten. Rendering Ranger: R² [Rewind] ist kein Spiel für zwischendurch. Es will gemeistert werden. Es fordert eure Geduld, eure Reflexe und eure Frustrationstoleranz. Und wenn ihr euch darauf einlasst, werdet ihr belohnt – mit einem der faszinierendsten Nischenwerke der 16-Bit-Ära. Eine moderne Fassung, die trotz Schwächen beim Interface eine absolute Empfehlung für Fans von Hardcore-Retrokost ist. Aber seid gewarnt: Dieses Spiel schont niemanden. Und gerade deshalb ist es so bemerkenswert.
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- Plattform: Nintendo Switch (getestet), PlayStation 4/5, Super Nintendo Entertainment System, Steam
- Publisher: Ziggurat
- Entwickler: Rainbow Arts, Limited Run Games
- Genre: Shoot em Up
- Spieleranzahl: 1
- USK: 12
- Release: 20. März 2025

Passionierter Videospieler seit dem dritten Lebensjahr. Angefangen mit dem Nintendo Entertainment System zog sich die Leidenschaft bis ins Erwachsenenalter. Heute als PR-Manager, freier Redner und Texter unterwegs. Zu den Lieblingsreihen gehören Metroid, Smash Bros, Super Mario und Halo 1-3.
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