Syberia Remastered von Microids Studio Paris erschien am 6. November 2025 für PC, PlayStation 5, Xbox Series X|S und Nintendo Switch. Ziel war es, den Kultklassiker von Benoît Sokal aus dem Jahr 2002 für eine moderne Generation neu aufzulegen. Trotz erkennbarer Bemühungen gelingt die Remaster-Version nur teilweise – sie wirkt oft uninspiriert, kämpft mit technischen Schwächen und erreicht nicht die emotionale Tiefe des Originals.
Story – Das emotionale Herz bleibt, aber nur teilweise
Die narrative Stärke von Syberia ist ungebrochen: Spieler begleiten Kate Walker auf einer Reise von New York durch das verschneite Europa, um das Erbe der verschollenen Industriellenfamilie Voralberg zu sichern. Was als einfacher Auftrag beginnt, entwickelt sich schnell zu einer persönlichen Reise voller Entdeckungen, Geheimnisse und Begegnungen mit mechanischen Wesen. Oscar, der Automaton, bleibt einer der eindrucksvollsten Charaktere der Spielgeschichte – charmant, stur und überraschend lebendig.
Die Welt reagiert glaubhaft auf Kates Entscheidungen. Details wie verlassene Werkstätten, zerfallende Maschinen und die Mimik der Dorfbewohner schaffen weiterhin eine Atmosphäre zwischen Realität und Traum. Auch Kates emotionale Entwicklung wirkt nachvollziehbar, und die Beziehung zu Oscar bleibt berührend und humorvoll.
Doch die Remaster-Version deckt Schwächen auf, die das Original geschickt kaschierte. Die Sprachausgabe ist hölzern, Pacing-Probleme untergraben dramatische Momente, und Dialoge wirken stellenweise altmodisch. Emotional aufgeladene Szenen, etwa Konfrontationen mit Anna oder Momo, verlieren dadurch ihre Wirkung.
Gameplay – Verbesserungen, die nicht ausreichen
Die Steuerung wurde modernisiert, Menüs sind schneller, Objekte leichter interagierbar, und die Navigation mit Analogsticks fühlt sich natürlicher an. Dennoch bleibt das Grundproblem bestehen: Das alte Point-and-Click-System hemmt den Spielfluss. Spieler stehen häufig vor Trial-and-Error-Rätseln oder müssen lange Strecken zurücklegen, um Fortschritte zu erzielen.
Rätsel schwanken stark zwischen elegant und unlogisch. Das Journal-System protokolliert wichtige Hinweise nicht zuverlässig, wodurch Spieler erneut Gespräche führen oder Orte aufsuchen müssen. Kates Bewegungsgeschwindigkeit ist inkonsistent: Draußen zügig, drinnen quälend langsam. Diese Inkonsistenzen bremsen die Spannung und führen schnell zu Frust. Die Remaster-Version modernisiert die Oberfläche zwar minimal, doch das Grunddesign bleibt altmodisch und träge.
Grafik und Sound – Politur, die enttäuscht
Die neuen 3D-Umgebungen verleihen bekannten Schauplätzen Tiefe. Die Voralberg-Fabrik, Valadilène, verschneite Landschaften und Mammuthöhlen profitieren von Schärfe, Geometrie und Lichtspiel. Einzelne Szenen wirken eindrucksvoll und lebendig.
Dennoch fehlen dem Remaster viele der handgemalten, surrealen Qualitäten des Originals. Innenräume wirken steril, einige Charaktermodelle passen nicht zu ihrer Umgebung, und technische Mängel wie Pop-in-Texturen, Reflexionsfehler und steife Animationen zerstören gelegentlich die Immersion.
Noch problematischer ist der Ton: Voice Acting bleibt unverändert altmodisch, Audiopegel schwanken, Umgebungsgeräusche wirken flach, und emotionale Momente verpuffen durch die mangelhafte Soundqualität. Das Spiel hätte von einer umfassenden Überarbeitung der Tonspur stark profitiert.
Fazit – Ein Remaster, das seine Chancen verpasst
Syberia Remastered bewahrt den emotionalen Kern des Originals und zeigt in einzelnen Momenten, warum Benoît Sokals Abenteuer so unvergesslich wurde. Die Beziehung zwischen Kate und Oscar bleibt berührend, und die 3D-Optik verleiht der Welt gelegentlich neue Tiefe und Plastizität. Szenen in Valadilène, die Mammuthöhlen oder die verschneiten Landschaften bieten nach wie vor stimmungsvolle Erlebnisse, die nostalgische Spieler ansprechen.
Doch all diese Stärken werden durch das alte, unflexible Gameplay stark eingeschränkt. Rätsel sind inkonsistent, die Bewegung von Kate bleibt frustrierend langsam und das Journal liefert keine ausreichende Unterstützung. Hinzu kommen technische Probleme, inkonsistente Animationen, Pop-in-Effekte und steriles Design in Innenräumen. Die Sprachausgabe ist hölzern, Audio und Soundeffekte veraltet, was emotionalen Szenen die nötige Wirkung nimmt. Das Remaster zeigt, dass grafische Aufpolierung allein nicht ausreicht, um einen Klassiker neu zu beleben.
Für neue Spieler bietet Syberia Remastered einen Einblick in die Welt, doch für Fans des Originals ist es eine Erinnerung daran, wie viel Potenzial ungenutzt bleibt. Es ist ein Remaster, das die Magie des Originals nur bruchstückhaft transportiert: Momente von Schönheit und Nostalgie treffen auf technische Schwächen und altmodische Designentscheidungen, sodass der Gesamteindruck zwiespältig bleibt.
- Plattform: PlayStation 5 (getestet), XBox Series, PC
- Publisher: Microids
- Entwickler: VIRTUALLYZ GAMING, Microids Studio Paris, Studio Virtuallyz
- Genre: Point n‘ Click Adventure
- Release: 06. November 2025
- USK-Freigabe: 0
Schon seit meinem dritten Lebensjahr bin ich leidenschaftlicher Videospieler. Angefangen hat alles mit dem Nintendo Entertainment System – seitdem begleitet mich die Faszination für interaktive Welten bis ins Erwachsenenalter. Heute verbinde ich diese Leidenschaft mit meinem Beruf: Als PR-Manager, freier Redner und Texter arbeite ich in der Games- und Medienbranche und betreue Projekte rund um kreative Köpfe und spannende Marken. Ein besonderer Schwerpunkt meiner Arbeit liegt im Management und in der Betreuung japanischer Videospielentwicklertalente, die ich auf Conventions und Events weltweit vertrete.