Wer gerne Brettspiele spielt und ebenso Spaß an komplexeren Erlebnissen hat, die sich zudem über eine oder mehrere Kampagnen erstrecken, weiß, wie sehr sich diese in die Länge ziehen können. Allein das Abhandeln von Spieler- und Gegnerzügen, samt Bewegungen ausführen, Sichtlinien ermitteln, Effekte behandeln und berücksichtigen, Schaden austeilen und notieren, nehmen von der Uhr sehr viel Zeit weg. Dann hat man 3 Räume und vielleicht das Szenario geschafft und Stunden an Spielzeit sind vergangen, nicht zuletzt, weil man durch die Gewinnung von Erfahrungspunkten noch den eigenen Charakter oder auch die eigene Stadt aufwerten möchte. Sunderfolk vom Entwickler Secret Door wird zwar ebenfalls länger andauern als nur einen Abend, bringt aber als digitale Verkörperung einige Vorteile mit sich, die wir nun in diesem Test erörtern wollen, ohne jedoch eine Gegenüberstellung zu sein, ob es sich am Tisch oder auf dem Bildschirm besser spielen lässt.
Böse Mächte bedrohen euer Dorf
„Das Dorf Arden entstand um die Überreste eines magischen Steins namens Leuchtkristall herum, aber unbekannte Mächte von außerhalb haben begonnen, die Existenz dieser Gemeinde zu bedrohen. Kehre zwischen den Quests in das Dorf Arden zurück, um Händler aufzuwerten, neue Gegenstände und Ausrüstung zu erwerben und dich mit den Bewohnern anzufreunden, um zusätzliche Belohnungen zu erhalten.“ (Text vom Hersteller)

Das Dorf Arden
Auch wenn man Sunderfolk auch alleine spielen kann, ist es als kooperatives Erlebnis für bis zu 4-Spieler ausgelegt. Der TV-Bildschirm dient dann vor allem dazu, eure auf dem Smartphone oder Tablet eingegeben Aktion in einem Kampf anzuzeigen. Damit sind wir bei der Besonderheit angelangt, dass Sunderfolk anstatt mit Controllern nur per Eingabe auf einem Touchscreen via Smartphone oder Tablet bedient werden kann (sieht man vom Navigieren im Hauptmenü per Controller einmal ab). Die passende (kostenlose) Begleit-App findet ihr im iOS/Android Store. Dadurch, dass jeder Spieler sein eignes Interface besitzt, kann jeder im Dorf Arden unabhängig voneinander Aktionen tätigen wie Gespräche führen oder einkaufen. Bei der Auswahl der nächsten Mission kommen die Spieler wieder zusammen und das nächste Kampfszenario wird gestartet. Auch während eines Kampfes könnt ihr euch zwischendurch Informationen über die Beschaffenheit des Bodens oder euer Gegner ansehen, indem ihr einfach auf eurem Bildschirm einen Cursor erzeugt und dann die Hexagonfelder mit dem Finger „abfahrt“. Das wird wiederum auf dem Hauptbildschirm angezeigt. Und genau funktioniert auch die Bewegung eurer Spielfigur.
Mit Arkanist, Barde, Berserker, Pyromant, Waldläufer oder Schurke stehen 6 Klassen zur Verfügung. In meiner noch laufenden Spielsession zu zweit werden der Waldläufer (Fernkämpfer) und der Schurke gespielt.

Der Charakter Auswahlbildschirm von Sunderfolk
Bewährtes Kampfsystem
Wenn ihr den bekannten Dungeon Crawler Gloomhaven (wurde als Brettspiel bekannt, gibt aber auch eine digitale Adaption auf Konsolen und PC) kennt, dann fühlt ihr euch direkt im Kampfsystem heimisch. Wir spielen die Kampagne auf Hart, das bedeutet unter anderem, dass nur 1 Wiederbelebung zur Verfügung steht und dass auch jeder Level innerhalb einer bestimmten Rundenanzahl bewältigt werden muss. Bei der Spielerreihenfolge bleibt es stets euch überlassen, wer zuerst seinen Rundenauszug ausführen soll. Das ergibt sich in der Regel während einer Partie, da man ja im Austausch mit seinen Mitspielern ist und zudem Züge taktisch überlegt werden müssen. Das liegt daran, dass ihr Missionsziele erledigen müsst, um eine Partie zu gewinnen. Und die gehen meist über den Standard ala „Besiege alle Gegner“ hinaus.
Das ist für die nötige Abwechslung gut, so sind in den Leveln der eine oder andere neue Kniff vorhanden. Mal müsst ihr den Beschützer für NPCs mimen, mal ein Tor verteidigen, einen Charakter befreien oder auch bestimmte Items einsammeln und dabei ebenfalls den oder anderen Mechanismus betätigen. Bewegungen und Angriffe werden durch eure für die Partie ausgewählten Aktionskarten bestimmt, die in begrenzter Anzahl (Handkartenlimit) vor dem Start festgelegt werden. Ihr nehmt also kein großes Deck mit. Anders als bei Gloomhaven spielt ihr also kein Deck durch, woraus eure Karten zufällig gezogen werden (und könnt dadurch jede Karte nur einmal ausspielen), sondern habt im jeden Rundenzug die Wahl, welche Karte ihr ausspielt. Auf der Karte steht immer genau beschrieben, wie sie abgehandelt wird. Einfaches Beispiel: Ihr könnt euch bis zu 3 Feldern bewegen und dann einen Fernangriff mit einer Reichweite von 3 Feldern ausführen.

Eure Aktions- und Angriffskarten werden immer von oben nach unten abgehandelt
Je weiter ihr im Spiel voranschreitet, schaltet ihr automatisch weitere Aktions-und/oder Bewegungskarten frei, die zudem auch komplexer werden, sodass sie euch tiefergehende, taktische Möglichkeiten geben. Auch eine Spezialangriffskarte kommt hinzu, die nach 2 Runden jeweils von einem Spieler aktiviert werden kann und dadurch einen extra starken Angriff im Petto hat. Ausgelöst können zudem Statuswerte, die euch buffen und wiederum den Gegner Debuffen. Es macht Spaß mit den gegebenen Möglichkeiten, das Bestmögliche herauszuholen. Und bisher war in meiner zweier Runde alles sehr gut machbar. Nur selten musste bisher eine Mission neu gestartet werden.
Edit: Die letzte Session war dann schon härter, sodass 2 Missionen bis zu 4 x neugestartet werden mussten. Aber es blieb motivierend, die richtige Taktik herauszufinden.
Ach ja: Bei jedem ausgeführten Angriff, wird eine Karte aus dem Schicksalskartendeck (eine variable Anzahl von 9-12 Karten) gezogen, die On Top zu eurem Angriff dazugezählt werden und die ihn positiv wie füge +1 Schaden hinzu als auch negativ wie füge 1 Schaden weniger hinzu (um mal wieder bei einfachen Beispielen zu bleiben) beeinflussen.
Belohnungen und Verbesserungen
Auf den Kampfplätzen sackt ihr entweder auf den Hexagonfeldern oder in Truhen liegend, Gold sowie diverse Gegenstände ein. Letztere könnt ihr für euch verwenden oder auch reinvestieren, denn im Käferbau eurer Stadt habt ihr die Möglichkeit, die Gebäude von Arden aufzuwerten. Und genau dafür braucht ihr Geld und bestimmte Sammelitems. Bisher lässt sich festhalten, dass sich das Upgraden lohnt, da es euch sowohl im Kampf zu Gute kommt als auch in Arden selbst, in dem das Angebot auf den Markt in verschiedenen Kategorien erweitert wird.
Durch Gespräche mit den verschiedenen Bewohnern baut ihr Affinitäten auf und das wiederum bringt euch Geschenke ein. Die Anzahl der Gespräche nach einer Mission sind jedoch begrenzt. Man hat also die Qual der Wahl, mit welchem Bewohner gesprochen wird. Danach geht es wieder darum, euch für die nächste Mission vorzubereiten (welche Hilfsgegenstände, Schicksalskarten und Aktionskarten nehme ich mit?). Oder ihr beendet das Spiel an dieser Stelle und spielt beim nächsten Mal weiter. Wie schon vorher erwähnt gegenüber einem physischen Brettspiel hat es den enormen Vorteil, dass ihr nicht Minuten damit beschäftigt seid, all euer Spielmaterial wieder einzusortieren und euren Fortschritt penibel festzuhalten.

So eine -1 im Angriff kann manchmal das Zünglein an der Waage sein
Präsentation-(skritik)
Die Story wird anhand einer Sprecherin erzählt, die dabei in sämtliche Rollen wie die des Erzählers und der Figuren schlüpft. Die deutsche Synchronsprecherin macht ihren Job auch sehr gut, in der Funktion ähnlich wie der Spielleiter eines Pen&Paper Rollenspiels. Allgemein fände ich es jedoch besser, wenn nicht jede Rolle von einer Person gesprochen werden würde. Kritik kann ich vor allem bei der Grafik äußern. Die Texturierung von Umgebungsgrafiken sieht auf der Switch einfach nicht gut aus, sodass es gerade in der Nahaufnahme von Monstern und Gebäuden in Sequenzen so wirkt, als wenn Texturen nicht geladen werden. Im Kern jedoch, wo es draufankommt – nämlich auf dem Schlachtfeld – werden die meisten Elemente solide dargestellt.
Sunderfolk wird auf der Switch 2 durch die GameChat Funktion eindeutig profitieren. Denn so ist es ohne Umwege (streamen via Discord zum Beispiel) möglich, dass der Besitzer eines Exemplars seinen Bildschirm teilt, sodass ihr ohne Beisammensein, zusammen per Smart Device oder dann auch per Gameshare-Funktion spielen könnt.
Fazit:
Bis dato sind bereits locker über 15 Stunden ins Spiel geflossen und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Sunderfolk macht weiterhin Spaß und abseits der Kritik an der Technik habe ich nicht wirklich etwas am Spiel auszusetzen, abseits von Kleinigkeiten wie, dass es toll wäre, wenn man XP dafür ausgeben könnte, vorhandene Aktionen/Angriffe zu verbessern. Die Story bietet zwar außer dem Gut versus Böse Konzept nicht viel, aber immerhin ist die Erzählweise gut umgesetzt. Das Gameplay entscheidet und hier kann das Spiel definitiv punkten. Selbst den Preis von 49,99 würde ich jetzt als nicht zu hoch einschätzen, insbesondere wenn ihr es plant, in geselliger Runde zu zocken. Für alle Brettspielaffinen Videospieler spreche ich hier eine klare Empfehlung aus, aber auch so als Koop-Titel dürfte Sunderfolk für alle Strategie- und Taktik RPG-Fans interessant sein.
- Plattform: Nintendo Switch (getestet), auch für PlayStation, Xbox und PC erhältlich
- Publisher: Dreamhaven
- Entwickler: Secret Door
- Genre: Brettspiel, RPG
- Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler lokal und online per Begleitapp spielbar
- Release: 23.04.2025
- Preis zum Start: 49,99
- USK-Freigabe: 12

Wenn ich daran denke, dass ich mehr in meinem Leben mit Videospielen zu tun hatte als nicht, zeigt es mir zum einen, wie alt ich bin und wie lange ich mittlerweile dem Gaming zugetan bin. Meine erste Konsole war das SNES und spätestens ab diesem Zeitpunkt war ich dieser Leidenschaft verfallen, die bis heute anhält. Auch wenn durch den Alltag leider die Zeiten von verspielten Tagen vorbei sind.
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