Retrogames Reviews

Metroid Prime

2002 erschien Metroid Prime auf dem Nintendo GameCube und setzte neue Maßstäbe für Action-Adventures. Entwickelt wurde es von Retro Studios, einem damals noch jungen US-Studio in Austin, Texas, für das dies das erste veröffentlichte Spiel überhaupt war. Retro Studios standen vor der Herausforderung, die klassische 2D-Metroid-Serie in die dritte Dimension zu überführen, ohne ihre Essenz zu verlieren. Mit Metroid Prime gelang ihnen genau das: ein Spiel, das die Spieler vollständig in eine fremde, lebendige Welt eintauchen lässt, in der Isolation, Erkundung und Spannung jede Sekunde bestimmen.

Metroid Prime
Metroid Prime

Eine fremde Welt voller Geheimnisse

Metroid Prime spielt auf Tallon IV, einem Planeten, dessen Landschaften zwischen uralten Chozo-Ruinen, überwucherten Höhlen, heißen Lavaseen von Magmoor und hochentwickelter Technologie wechseln. Samus Aran wird ausgesandt, einem Notrufsignal einer Weltraumstation nachzugehen und gerät dabei in die Aktivitäten der Space Pirates, die die radioaktive Substanz Phazon erforschen. Tallon IV ist kein bloßer Schauplatz, sondern ein lebendiger Charakter. Die Geschichte entfaltet sich durch die Umgebung, von zerstörten Maschinen über verlassene Labore bis hin zu überwucherten Ruinen. Jede Ecke des Planeten vermittelt ein Gefühl von Gefahr und Geheimnis.

Die Levelgestaltung ist meisterhaft. Phendrana Drifts vermittelt Weite und Kälte, mit verschneiten Landschaften und versteckten Pfaden, die Erkundung belohnen. Die Chozo-Ruinen wirken mystisch und beinahe sakral, sie erzählen von einer uralten Kultur, deren Technologie Samus Stück für Stück entschlüsselt. Magmoor Caverns führen in heiße, lavagetränkte Tiefen, in denen aggressive Gegner und Umweltrisiken die Spannung erhöhen. Jede Region ist einzigartig, doch alle Bereiche fügen sich zu einem kohärenten Ganzen zusammen, das Tallon IV als lebendige Welt erfahrbar macht.

Retro Studios ließen sich stark von Science-Fiction- und subtilen Horrorfilmen inspirieren. Die Isolation, die subtile Bedrohung und die geheimnisvollen Räume erinnern an Klassiker wie Alien oder Event Horizon. Samus ist fast immer allein, nur ihr Power Suit schützt sie vor Umweltgefahren und aggressiven Kreaturen. Das ständige Gefühl der Anspannung durchdringt jede Sekunde des Spiels.

Metroid Prime
Metroid Prime

Gameplay – Erkundung, Fortschritt und die Kunst des Voranschreitens

Metroid Prime lebt von der Verbindung aus Erkundung, Rätsellösung und taktischem Vorgehen. Spieler beginnen mit einem relativ einfachen Set an Fähigkeiten, doch nach und nach erweitern Power-Ups und Waffen die Möglichkeiten, neue Bereiche zu erschließen und Gegner effektiver zu bekämpfen. Das Spiel ist darauf ausgelegt, dass der Spieler die Welt Schritt für Schritt erkundet, dabei Hinweise sammelt und durch geschicktes Kombinieren von Fähigkeiten Türen öffnet, Wege freilegt und versteckte Räume entdeckt.

Zu Beginn stehen Samus nur grundlegende Waffen und ihr Power Suit zur Verfügung. Spieler lernen früh, wie man Gegner analysiert und aus der Ferne bekämpft, während der Morph Ball es erlaubt, durch enge Gänge zu rollen und versteckte Schalter zu erreichen. Mit jedem neuen Upgrade, sei es der Grapple Beam, der Boost Ball oder der Varia Suit, erschließen sich neue Regionen, die zuvor unzugänglich waren. So führt das Spiel die Spieler organisch durch Tallon IV, ohne dass sie sich jemals verloren fühlen. Das Brillante dabei ist der Einsatz der Power Ups in 3D. Seien es die neuen wie der Boost Ball mit dem man Rampen hochsprinten kann oder altbewährtem wie dem Spiderball mit dem man an Schienen entlangfahren kann, die Kreativität mit denen die Entwickler um sich werfen, sucht seinesgleichen.

Ein zentraler Bestandteil von Metroid Prime ist das durchdachte System aus Visieren und Beamwaffen, das nicht nur im Kampf, sondern auch bei Erkundung und Rätseln eine entscheidende Rolle spielt. Das Scan Visier sorgt dafür, dass jede Umgebungsschicht greifbar wird. Es enthüllt Schwachstellen von Gegnern, liefert Hintergrundinformationen zu Flora und Fauna, entschlüsselt Chozo Ruinen und aktiviert antike Mechanismen. Viele Türen, Plattformen und Geheimnisse lassen sich erst verstehen, wenn das Scan Visier den richtigen Hinweis liefert, was dem Spiel eine ruhige, investigative Komponente gibt.

Das Thermal Visier verändert den Blick auf Tallon IV erneut. Es zeigt Wärmequellen, versteckte Laserbarrieren, aktive Energieleitungen und getarnte Gegner. In dunklen Korridoren der Phazon Mine wird es unverzichtbar, da die Sicht eingeschränkt ist und manche Piraten erst über ihre Körperwärme sichtbar werden. Gleichzeitig hilft es bei technischen Rätseln, da es Energieflüsse verfolgt, die zu Schaltern oder versteckten Knotenpunkten führen.

Das X Ray Visier dient wiederum weniger der Orientierung, dafür aber umso mehr der Aufdeckung von Tarnfeldertechnologien, unsichtbaren Plattformen, Chozo Geistern und Phantompiraten. Gerade bei vertikalen Passagen oder Bosskämpfen verändert dieses Visier die Taktik komplett, da es Strukturen enthüllt, die im normalen Blickfeld verschwinden.

Metroid Prime
Metroid Prime

Die Beamwaffen verbinden Kampfsystem und Erkundung nahtlos miteinander. Der Power Beam bildet die Grundlage und dient als vielseitiges Werkzeug mit unendlich verfügbarer Energie, das in zahlreichen Umgebungsrätseln genutzt wird. Der Wave Beam öffnet bestimmte elektrische Türen, aktiviert Energieempfänger aus der Ferne und paralysiert Gegner, was taktische Vorteile schafft. Der Ice Beam ermöglicht das Einfrieren bestimmter Kreaturen, stoppt Feuer Gegner oder schafft durch das Verlangsamen bestimmter Objekte neue Wege. Der Plasma Beam ist schließlich das Werkzeug für brennbare Barrieren, harte Panzerungen und zähe Endgegner, während sein Einsatz auch die Atmosphäre verändert, weil selbst dicke Eis- oder Metallstrukturen sichtbar schmelzen oder glühen. Alle Waffen können i übrigen optionale Upgrades erhalten die sie noch stärker machen, allerdings Raketen verbrauchen bei Einsatz

Diese Mechaniken sorgen dafür, dass Tallon IV nicht nur eine Kulisse bleibt, sondern ein zusammenhängender Organismus, der auf die Werkzeuge reagiert, die Samus im Verlauf des Spiels erhält. Rätsel, Gegner und die Umgebung greifen ständig ineinander. Jeder neue Strahl, jedes Visier und jedes visuelle Feedback erschaffen neue Möglichkeiten, die Welt zu durchdringen und Stück für Stück mehr über ihre Geheimnisse zu lernen.

Die Gegner sind nicht nur Hindernisse, sondern Teil des Lernprozesses. Kleine Kreaturen erscheinen in Scharen, um Reflexe und Positionierung zu trainieren, während größere Gegner gezielt den Einsatz bestimmter Waffen erfordern. Dies erzeugt ein Gefühl ständiger Weiterentwicklung: Spieler lernen, welche Angriffe effektiv sind, welche Räume Vorsicht erfordern und wie sich Gegner in Kombination verhalten. Und auch wenn es nervig ist, das Gegner nach einiger Zeit in den Räumen respawnen, gewöhnt man sich irgendwann daran.

Metroid Prime
Metroid Prime

Das Voranschreiten im Spiel ist eng mit dem Erforschen von Regionen und dem Sammeln von Upgrades verknüpft. Bosskämpfe markieren oft Meilensteine. Der Omega Pirate zwingt euch dazu, alle erlernten Fähigkeiten taktisch einzusetzen, Bewegungsmuster zu erkennen und präzise zu reagieren. Der finale Endgegner, Metroid Prime selbst, steigert die Herausforderung noch einmal und verlangt schnelles Reagieren und den gezielten Einsatz sämtlicher Waffen, während die Umgebung durch Phazon und spawnenden Metroids immer kniffliger wird.

Kenji Yamamoto – Musik als erzählerisches Mittel

Kein Element von Metroid Prime ist so entscheidend für die Atmosphäre wie die Musik von Kenji Yamamoto. Jede Region erhält ein eigenes musikalisches Thema, das Spannung, Isolation und Bedrohung vermittelt. In den Chozo-Ruinen erzeugen geheimnisvolle Synthesizer- und Glockenklänge ein fast sakrales Gefühl, das die uralte Kultur der Chozo erfahrbar macht. Phendrana Drifts wird von sphärischen, kühlen Melodien begleitet, die die Weite und Einsamkeit der verschneiten Landschaften verstärken. Magmoor Caverns nutzen treibende, bedrohliche Rhythmen, die die Gefahr von Lava und aggressiven Gegnern spürbar machen. Die Bosskämpfe werden von dynamischen, intensiven Kompositionen untermalt, die die Dramatik jeder Konfrontation verstärken. Yamamotos Musik ist wirkungsvoll, und verschmilzt nahtlos mit den Soundeffekten der Umgebung, von tropfendem Wasser bis zu pfeifendem Wind in leeren Korridoren.

Grafik und der Sprung von 2D zu 3D

Metroid Prime war der erste Versuch, das bekannte 2D-Gameplay der Metroid-Serie vollständig in 3D umzusetzen, und das Ergebnis ist bemerkenswert. Die Kamera folgt Samus aus der Ich-Perspektive, wodurch das Spiel das Gefühl der Isolation und Spannung perfekt transportiert. Die Texturen, Licht- und Schatteneffekte und die dynamische Umgebungsbeleuchtung erzeugen eine dichte und glaubwürdige Welt. Während 2D-Metroid-Spiele durch Levelkarten und Side-Scrolling begrenzte Sichtmöglichkeiten hatten, erlaubt die 3D-Umsetzung freie Orientierung, Entdeckung versteckter Wege und eine immersive Interaktion mit der Umgebung. Jeder Raum, jede Höhle und jedes Labor wirkt lebendig, reagiert auf Samus’ Bewegungen und vermittelt das Gefühl, Teil einer realen, lebendigen Welt zu sein.

Metroid Prime
Metroid Prime

Optik und Sound – Immersion in 3D

Neben der technischen Umsetzung verstärkt das Sounddesign die Immersion. Tropfendes Wasser, kreischende Gegner und das pulsierende Phazon tragen zu einer permanenten Anspannung bei. Jede Region klingt anders, die Umgebungsgeräusche passen sich den jeweiligen Levelbedingungen an. Die Kombination aus detaillierter 3D-Grafik und exzellentem Sound sorgt dafür, dass Tallon IV zu einem der glaubwürdigsten Planeten der Videospielgeschichte wird. Auch der Wechsel zwischen den verschiedenen Visieren lässt die Umgebung immer wieder in neuem Glanz erstrahlen und viele Gegner bieten dank des X-Ray Visiers noch etwas „unter der Haube“.

Unlockables – Belohnungen für Erkundung

Metroid Prime belohnt Spieler, die die Welt gründlich erkunden und Herausforderungen meistern, mit zahlreichen Unlockables. Nach dem Durchspielen stehen alternative visuelle Modi, zusätzliche Schwierigkeitsstufen, das Archiv mit gescannten Informationen und Artworks zur Verfügung. Diese Extras erlauben es, Tallon IV erneut zu erleben, neue Strategien auszuprobieren und die Hintergrundgeschichte noch tiefer zu verstehen. Der Hard-Mode belohnt präzises Spiel, indem Gegner aggressiver agieren und Ressourcen knapper sind, wodurch das Spiel noch einmal eine zusätzliche Schicht an Spannung und Herausforderung erhält. Falls Ihr einen Gameboy Advance, Metroid Fusion und ein Gamecube to Gameboy Advance Linkkabel zur Verfügung habt, könnt ihr euch noch den Nintendo Entertainment Klassiker Metroid sowie den Fusion Suit für Metroid Prime freischalten.

Fazit – Isolation, Entdeckung und epische Musik

Metroid Prime ist mehr als ein Spiel; es ist ein vollständiges Erlebnis. Die dichte Atmosphäre, die meisterhafte Levelgestaltung, das durchdachte Gameplay und Kenji Yamamotos epische Musik verschmelzen zu einem unvergesslichen Abenteuer. Jede Region, jeder Bosskampf und jede neue Entdeckung vertieft das Gefühl von Einsamkeit, Gefahr und Erkundung. Wer verstehen möchte, wie aus einem 2D-Franchise ein immersives 3D-Erlebnis entsteht, muss Metroid Prime gespielt haben.

Metroid Prime

Samus bewegt sich vorsichtig durch dunkle Tunnel, Phazon pulsiert in den Tiefen, Kreaturen lauern im Schatten, und jede musikalische Nuance steigert die Spannung. Tallon IV lebt, und jeder Spieler wird Teil dieser Welt.

  • Plattform: Gamecube
  • Publisher: Nintendo
  • Entwickler: Retro Studios
  • Genre: First Person Adventure / Metroidvania
  • Release: 21. März 2003
  • USK-Freigabe: 12