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WILD HEARTS S

Abwärtskompatibilität hin oder: Koei Tecmo wählte einen cleveren Schachzug und veröffentlichte eine Switch 2-Version von Wild Hearts, während die berühmte Marke Monster Hunter von Capcom noch keine Anstalten macht, in irgendeiner Weise auf Nintendos Hybridkonsole Nummer 2 zu erscheinen. Da das vor allem durch Monster Hunter definierte Genre der „Monsterhatz“ populär gemacht wurde, habt ihr nun mit Wild Hearts S die beste Gelegenheit, mal abseits des Tellerrandes zu schauen.

Beginn nach Maß

Es ist keine Überraschung, dass ihr in die Rolle eines Jägers schlüpft und einen Avatar nach ein paar Spielminuten durch zig Parameter und Merkmale selbst zusammenstellen könnt. Das Geschehen spielt im Land Azuma, das von der Gestaltung her an das feudale Japan erinnert. In dieser Welt leben die Kemeno. Das sind zum Teil riesige, tierähnliche Kreaturen, die mit Naturkräften durchzogen sind. Das äußert sich neben ihren Fähigkeiten vor allem in ihrem Aussehen, indem zum Beispiel an einer Schwanzspitze eine riesige Knospe auszumachen ist. Also schon vergleichbar mit dem einen oder anderem Pokémon nur in einem weitaus realistischeren Stil. In letzter Zeit jedoch streben diese Wesen nach Schabernack, beschönigend ausgedrückt. Sie greifen die Dörfer der Menschen an, zerstören ihre Umwelt und werden dadurch zunehmend zu einer Bedrohung.

Natürlich steckt etwas hinter dem aggressiven Verhalten der eigentlich zuvor friedlichen Kreaturen. Darum wird es im Verlauf des Abenteuers gehen. Zunächst dreht sich vieles in der Hauptquest und Nebenhandlungen darum, unmittelbare Bedrohungen aufzuhalten. Dadurch gelangt ihr in der zusammenhängenden und offenen Spielwelt ganz automatisch in verschiedene Gebiete samt unterschiedlicher Biome.

Leider muss man bei den herausgegebenen Bildern zu Wild Hearts S sagen, dass sie nicht die wirklich Spielgrafik wiedergeben und daher geschönt sind

Zum Spielprinzip braucht es eigentlich aufgrund der Popularität des Genres wohl kaum noch viele Worte. Das Besiegen von Monstern dient vor allem dazu, dass ihr eure Ausrüstung und Waffen verbessert, um dann wiederum gegen stärkere Feinde gewappnet zu sein. Ein Gameplayloop, der nicht zuletzt durch die Herausforderung, seinen Reiz ausübt und Platz zum Verbessern der eigenen Spielweise bietet. Zusätzlich findet ihr beim Erkunden der Spielwelt verschiedene Materialien, die dann zum Craften diverser Dinge benötigt werden. Sehr praktisch ist zum Beispiel, dass ihr an bestimmten Punkten ein Lager aufschlagen und ausstatten könnt, dass ihr nicht zwingend immer ins Dorf Minato zurückmüsst. Auf diese Weise erschafft ihr nebenbei auch Schnellreisepunkte.

Aber nicht für die Materialien lohnt es sich, die Extrameile zu gehen, sondern auch für weitere Goodies. Dazu gehören Talismane, die angelegt bestimmte Statuswerte boosten, Schriftstücke, die mehr über die Lore und Welt preisgeben. Zu Anfang lauft ihr auch einem Droiden, äh Tsukumo übern Weg, von denen sich bis zu 50 Stück einsammeln lassen. Diese kleinen, mechanischen Begleiter unterstützen euch im Kampf, sei es nur, dass sie den Fokus auf sich lenken, sodass ihr ungestört ein paar satte Treffer landen könnt.

Die Frage aller Fragen

Aber nun Butter bei den Fischen: In welchem Gameplaykniff unterscheidet sich Wild Hearts S gegenüber dem Platzhirsch Monster Hunter? Die Antwort lautet Karakuri. Dabei handelt es sich aus „Himmelsfäden“ (baut ihr als Material ab), die sich in verschiedene Bauten verwandeln lassen. Diese sind vielseitig verwendbar sowohl offensiv (zum Beispiel als Falle) als auch defensiv im dynamischen Kampfgeschehen oder als Hilfsmittel beim Erkunden der Welt. Zu letzteren lässt sich das Beispiel einer Zipline heranziehen, mit der ihr dann Höhenunterschiede oder eine Schlucht bequem überwindet. Aber selbst eurer erstes Karakuri, eine unscheinbare Holzkiste hat direkt zwei Funktionen. Zum einen dient sie dazu – auch weil sie übereinandergestapelt werden können – hohe Wände zu erklimmen. Zum anderen verhilft sie euch in einem Gefecht zu einer erhöhten Position. Abspringen, und schön stürzt ihr mit voller Wucht auf einen Kemeno, sodass es je nach Gegnerart sogar möglich ist, ihn für eine kurze Zeit außer Gefecht zu setzen. Natürlich um direkt im Anschluss weitere starken Attacken folgen zu lassen. Eure Karakuri lassen sich zudem upgraden, wodurch sich deren Einsatzmöglichkeiten weiter steigern.

Ein Karakuri im Kampfeinsatz

Durch das Besiegen der Kemeno ist also nicht nur möglich, euren Helden zu verbessern, sondern auch die zu verwendenden Karakuri, was ein weiterer Motivationsfaktor ist.

Monsterjagd mit Schönheitsfehlern

Ohne jetzt zum Beispiel die Xbox Series S Fassung von Wild Hearts im Blick zu haben, womit sich die Switch 2-Fassung noch am ehesten grafisch vergleichen lässt, ist die abgegebene Präsentation zurzeit zwiespältig. Vor allem die Ausleuchtung der Umgebung fällt zum Teil dürftig aus und der Blick auf grobe und schlecht aufgelöste Texturen wird freigeben. Das Lightning wirkt vor allem tagsüber nicht organisch. Dazu sind beim Blick in die Ferne deutlich weniger Details auszumachen. Je näher das Spielgeschehen an euch dran ist, umso wirkt der Titel wie ein Erlebnis auf einer stärkeren Hardware. So dagegen verhält es sich vielfach wie zu Zeiten auf der Switch 1, wenn sie eine Umsetzung eines technisch aufwendigeren Spieles bekommen hat. Wenig bis gar nicht zu meckern habe ich beim Design und Aussehen der Kemeno. Die deutsche Sprachausgabe ist ordentlich, ihr habt aber auch die Option diese auf Englisch, spanisch, italienisch, französisch oder japanisch umzustellen. Also das volle Programm. Auch das restliche Audiodesign ist gelungen.

Was mich in den Kämpfen eindeutig gestört hat war die Kamera. Im Eifer des Gefechtes gewährt sie nicht immer einen guten Blick aufs Geschehen, alleine dadurch, dass manche Kemeno durch ihre schiere Größe euch die Sicht erschweren und ihr dadurch Treffer einsteckt, die aber eigentlich nicht nötig wären. Was die Bildrate anbelangt, liegt sie zwischen 30 und 60 Bildern pro Sekunde. Mir wäre eine bombensichere Bildwiederholungsrate von 30 lieber gewesen, als weder Fisch noch Fleisch zu sein. Ebenso gestört hat es mich, dass man vor allem zu Beginn von der Steuerung wird erschlagen. Hier eine Tastenkombination für jenes Element, hier eine Kombo im Angriff, diese Taste fürs Craften und dann wieder eine andere für eine weitere Aktion. Intuitiv wollte die Steuerung nicht in Fleisch und Blut übergehen.

Wir alle lieben doch Ziplines in Videospielen oder? Praktisch, um schnell von A nach B zu gelangen

Neu auf Switch 2 ist, dass ihr insgesamt zu viert zusammen lokal oder online auf die Jagd gehen könnt. Auch Wild Hearts S lebt von diesem Element gemeinsam einen übermächtigen Gegner zu bekämpfen, sodass die Jagdgemeinschaft durch dick und dünn geht und sich der Sieg gemeinsam feiern lässt. Cool ist, dass ihr während einer Mission Unterstützung anfordern könnt, sodass andere Spieler – insbesondere dann, wenn ihr Probleme mit einem Kampf hat – eurem Abenteuer beitreten können.

Fazit:

Eine überraschende Einleitung in diesem Fazit: Ich habe bemerkt, dass mir diese Art von Genre nicht zusagt. Mir gefällt der Gameplayloop bestehend aus zum Teil langwidrigen Monsterauseinandersetzungen nicht, Craften finde ich in keinem Spiel interessant und die Steuerung finde ich nach wie vor zu überladen. Daher ist es ganz wunderbar, dass es zu Wild Hearts S eine Demo gibt, in der ihr die Chance – gerade als Neuling – erhaltet, euch mit dem Spiel vertraut zu machen. Monsterjäger dagegen nehmen Wild Hearts S auf der Switch 2 mit, wenn sie eine Pause von Monster Hunter brauchen. Für waschechte Jäger dürfte das Endgame (für das Durchspielen der Kampagne benötigt ihr 30 – 40 Stunden) interessant werden, da hier die „Volatile Kemeno“ und noch später die „Deeply Volatile Kemeno“auf euch warten, also verstärkte und maximal verstärkte Versionen vorangegangener Monster. Möge der Grind also niemals enden.

  • Plattform: Nintendo Switch 2 (getestet) auch für PlayStation, Xbox und PC als Wild Hearts erhältlich
  • Publisher: Koei Tecmo
  • Entwickler: Omega Force; Koei Tecmo
  • Genre: Action-Adventure
  • Spieleranzahl: 1 – 4 (auch online spielbar)
  • Release: 25.07.2025
  • Preis zum Start: 49,99
  • USK-Freigabe: 12