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Carmen Sandiego (2025)

Fast vierzig Jahre nach dem ersten Auftritt kehrt Carmen Sandiego zurück – diesmal nicht als Diebin, sondern als Ermittlerin. Carmen Sandiego (2025) von Gameloft und HarperCollins Productions erscheint für PlayStation, Xbox, PC, Nintendo Switch sowie für iOS und Android über Netflix. Die Rückkehr der ikonischen roten Fedora-Heldin gelingt mit einem überraschend frischen Mix aus Nostalgie, Bildungsauftrag und verspielter Krimi-Action.

Die Serie begann 1985 als Lernspiel, doch was einst reine Geografie-Nachhilfe mit Rätselcharakter war, ist heute ein eigenständiges Adventure mit mehr Handlung, mehr Mechaniken und deutlich mehr Stil. Die aktuelle Version verbindet moderne Detektivarbeit mit globalen Schauplätzen und überdrehten Schurken, die direkt aus einem Animationsfilm stammen könnten.

Carmen Sandiego (2025)
Carmen Sandiego (2025)

Statt Carmen zu jagen, arbeitet ihr jetzt mit ihr zusammen. Als Agenten von ACME verfolgt ihr Diebe wie „Lotta Cash“ oder „Miss D Meaner“ durch Tempel, Basare und bekannte Metropolen.

Wo Wissen zählt, aber Können gewinnt

Der eigentliche Reiz von Carmen Sandiego liegt im Sammeln von Hinweisen. Die Methode ist simpel, aber effektiv: Ihr besucht Städte, befragt Einheimische, sucht verdächtige Orte auf und kombiniert Informationen, um herauszufinden, wohin der Täter als Nächstes flüchtet. Dabei läuft eine Uhr. Wer nicht rechtzeitig kombiniert, verliert die Spur.

Trotz dieses simplen Grundprinzips kommt so schnell keine Langeweile auf. Dafür sorgen sowohl die verschiedenen Minispiele als auch die clevere Inszenierung der Missionen. Informanten schicken Nachrichten, die Zentrale meldet sich mit Updates und manchmal stören auch die V.I.L.E.-Bösewichte den Ablauf. Die Minispiele variieren von Einbruch und Taschendiebstahl über Laser-Ausweichpassagen bis hin zum Entschlüsseln von Schaltkreisen. Manche Aufgaben sind je nach Plattform angepasst oder entfallen ganz – vor allem auf dem PC fehlen ein paar Touchscreen-Features. Oft steht ihr vor der Wahl: Wissensfrage oder Geschicklichkeitsrätsel. Beide Wege führen zum Ziel, aber selten auf demselben Pfad.

Die Menüführung ist übersichtlich, wenn auch klar auf Mobile ausgelegt. Große Buttons und reduzierte Auswahlmöglichkeiten erinnern an Tablet-Designs, was auf Konsole oder PC nicht immer elegant wirkt, aber der Zugänglichkeit dient. Besonders jüngere Spieler oder Einsteiger dürften dies begrüßen.

Carmen Sandiego (2025)
Carmen Sandiego (2025)

Zwischen Animationsfilm und Pixel-Nostalgie

Optisch wirkt Carmen Sandiego zweigeteilt. Die Hauptmissionen sind in einem stilisierten 3D-Look gehalten, der stark an moderne Netflix-Produktionen erinnert. Orte wie Marrakesch oder Rom wirken lebendig, ohne fotorealistisch zu sein. Die „ACME-Files“-Nebenmissionen dagegen setzen auf Retro-Pixelgrafik – eine charmante Hommage an die Wurzeln der Reihe. Beides funktioniert, auch wenn einige Umgebungen etwas steril wirken. Vault-artige Räume wiederholen sich gelegentlich, was der Atmosphäre schadet.

Die Charaktermodelle sind gelungen, die Animationen solide. Besonders gelungen ist die stilistische Konsistenz, auch wenn grafische Highlights eher ausbleiben. Wer hier große Effekte erwartet, wird enttäuscht. Wer aber auf klar verständliche Designs und funktionales Gameplay Wert legt, kommt auf seine Kosten.

Soundseitig bietet das Spiel keine Vollvertonung, dafür punktet es mit stimmigen Hintergrundgeräuschen und einem funktionalen Soundtrack. Ein wiederkehrendes Gitarrenriff nach jeder gelungenen Aktion bleibt im Ohr, während das Titelthema in Agentenmanier Spannung erzeugt. Kleine Sprachfetzen wie „Got it“ oder das Lachen der Gegenspieler sorgen für Dynamik. Der Humor bleibt stets augenzwinkernd – besonders gelungen ist ein Hacker-Dialog, der sich durch sarkastische Kommentare in die ACME-Datenbank hackt.

Carmen Sandiego (2025)
Carmen Sandiego (2025)

Nostalgie trifft Bildungsreise

Carmen Sandiego (2025) ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie man eine altgediente Marke sinnvoll modernisieren kann. Das Spiel vermittelt Wissen ohne schulmeisterlich zu wirken, bleibt durchgehend spielerisch und erlaubt genug Freiheit, um eigene Wege zu finden. Dass ihr als Spielende Fakten zu Ländern, Regierungsformen oder Währungen kennen müsst, verleiht dem Gameplay Tiefe und Charakter. Wer weiß, dass Island keine Monarchie ist, spart entscheidende Sekunden – ein schönes Gefühl.

Weniger schön ist das Fortschrittssystem. Um alle Story-Missionen freizuschalten, müsst ihr bestimmte Levels mehrmals absolvieren, was sich nach einiger Zeit wiederholt. Auch die Anzahl der Umgebungen ist begrenzt, was bei längerer Spielzeit auffällt. Trotzdem sind die Kern-Elemente motivierend und wirken nie beliebig.

Für jüngere oder eher entspannte Spieler, besonders auf mobilen Geräten, bietet Carmen Sandiego (2025) einen idealen Einstieg in ein narratives Abenteuer mit Bildungswert. Anspruchsvollere Spieler könnten sich an der geringen Schwierigkeit und dem repetitiven Missionsdesign stören. Aber wer das Format kennt und liebt, wird genau das bekommen, was er oder sie erwartet: ein charmantes, stilistisch konsistentes Spiel mit Herz.

Fazit: Gameloft und HarperCollins bringen Carmen Sandiego in die Gegenwart zurück – nicht mit Bombast, aber mit Stil, Witz und Substanz. Die Mischung aus klassischem Lernspiel und modernem Adventure funktioniert überraschend gut, die Präsentation ist solide und der pädagogische Ansatz clever eingebettet. Zwar wäre auf technischen Plattformen mehr möglich gewesen, doch als Gesamtpaket überzeugt das Spiel vor allem durch sein Herz für Details und seine charmante Atmosphäre.

Carmen Sandiego (2025)
Carmen Sandiego (2025)
  • Plattform: PlayStation 5 (getestet)Nintendo Switch, X Box Series, Steam
  • PublisherGameloft
  • Entwickler: Gameloft
  • Genre: Adventure
  • Spieleranzahl: 1
  • USK: 0
  • Release: 20. Mai 2025