Im März 2006 setzte The Elder Scrolls IV: Oblivion einen neuen Standard für offene Rollenspiele. Bethesda Game Studios brachte eine Welt hervor, die mit ihren weitläufigen Wäldern, verzweigten Dungeon-Systemen und detailverliebten Städten begeisterte. Mehr als 18 Jahre später haben Bethesda und Virtuos Games beschlossen, diese Erfolgsgeschichte zu wiederholen – jedoch ohne die Geschichte grundlegend neu zu schreiben. Oblivion Remastered erscheint für PS5, Xbox Series X/S und PC und bietet das originale Abenteuer in moderner Technik.
Was als behutsame Auffrischung angekündigt wurde, wirkt eher wie die erwartete Minimallösung: Bethesda hat die Engine auf Unreal Engine 5 umgestellt, Licht- und Schatteneffekte verbessert und die Auflösung angehoben. Doch Spielmechanik, Story, Questdesign und Weltaufbau bleiben weitestgehend unangetastet. Dabei haben Fans dank zahlreicher Mods bereits unzählige Verbesserungen für Grafik, Sound und sogar neue Quests geschaffen. Angesichts dieser aktiven Mod-Community stellt sich die Frage: War ein offizielles Remaster notwendig oder eher ein kalkulierter Schachzug, um die Zeit bis zum nächsten Hauptteil des Franchise zu überbrücken?

Die Kernhandlung – die Rückkehr von Mehrunes Dagon durch Oblivion-Tore und Kaiser Martin Septims Opfer – erfährt keine neuen erzählerischen Ergänzungen. Auch die bekannten Begleiter- und Fraktions-Quests zwischen Diebesgilde, Gildenrat und Dunkle Bruderschaft bleiben unverändert. Man könnte argumentieren, dass das Remaster die perfekte Gelegenheit geboten hätte, grundlegende Designfehler auszumerzen oder Dialoge sprachlich zu modernisieren. Stattdessen bleibt alles so, wie es damals war – mal passend, mal angestaubt.
Spielmechanik und Komfortverbesserungen
Das Gerüst ist unverändert: Man startet mit einem blauäugigen Charakter in einer karg eingerichteten Geburtshalle, wird Zeuge eines beinahe blutigen Überfalls, stellt sich dann kopfüber in die offene Welt. Die traditionelle Mischung aus Schwertkampf, Fernkampf und Magie kehrt zurück, inklusive des klassischen Fettigkeitsstaus beim Inventar.
Doch einige längst überfällige Komfortfunktionen wurden hinzugefügt:
- Sprinting: Endlich rennen, statt endloses Gehopse. Wer allerdings auf die akrobatischen Sprungmanöver von neueren TES-Titeln gehofft hat, wird enttäuscht.
- Überlastungs-Puffer: Trägt man zu viel, geht man nicht mehr in die Knie. Das verhindert zwar Totalaussetzer, verringert aber auch das Risiko-Element bei der Erkundung.
- Zielhilfe für ausgelagerte Kämpfe: Fernkampf und Zauberei lassen sich in der Third-Person-Ansicht komfortabler ausführen. Doch der Vorteil ist gering: Die Grundmechanik wirkt immer noch schwammig, und Projektilgeschosse neigen zu ungünstigen Kollisionen.

Inventar-Management bleibt altmodisch
Trotz moderner Engine fühlt sich die Inventarverwaltung wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen an. Kategorien lassen sich nicht automatisch filtern, das Sortieren erfolgt nur manuell, und das schnelle Werfen von Ballastgut bleibt umständlich. Spieler, die von zeitgemäßen Systemen angetan sind, werden sich hier an ständigen Menüdurchläufen stören.
Skill- und Levelsystem: Mehr Freiheit – weniger Risiko
Das traditionelle Major-/Minor-Talent-System wurde aufgelockert: Nebenfähigkeiten liefern nun ebenfalls Erfahrungspunkte. Das erlaubt eine breitere Charakterentwicklung und beugt dem klassischen Problem vor, sich in Sackgassen zu spezialisieren. Allerdings schwindet der Reiz, sorgfältig ausgewählte Kernfähigkeiten hochzupegeln, da kaum Nachteile entstehen, wenn man eine Allround-Statistik anlegt. Die Motivation, das Altbekannte auf neue Weise zu meistern, fällt somit flacher aus.
Quest- und Fraktionsdesign: Altbekannt mit Überbleibseln
Die Quests innerhalb verschiedener Fraktionen glänzen nicht durch Innovation. Die Diebesgilde-„Schleich-aufgaben“ und die Dunkle Bruderschaft-Morde fühlen sich weiterhin wie clevere Konstrukte an, leiden aber unter veralteten Trigger-Mechaniken und gelegentlichen Quest-Bugs. Beispielsweise kann nach wie vor ein gestohlenes Artefakt im Inventar nicht markiert werden, was den Questfortschritt behindert. Hier wären ein paar Korrekturen mehr als willkommen gewesen.

Grafik und Sound
Dank Unreal Engine 5 erscheinen Cyrodiils Wälder dichter und lebendiger. Bäume werfen realistischere Schatten, Grasflächen stehen dynamisch im Wind, und Lichtspiel in Ruinen sorgt für dichte Atmosphäre. Doch der Eindruck trügt manchmal:
- Pop-in-Effekte: Gebäude tauchen aus dem Nichts auf, wenn man sich Städten nähert.
- Frame-Drops: In stark bevölkerten Arealen kann die Bildrate spürbar einbrechen.
- Textur-Unebenheiten: Manche Oberflächen wirken trotz hoher Auflösung noch kantig oder verpixelt.
Der orchestrale Soundtrack wurde digital aufpoliert, behält aber die ursprünglichen Kompositionen bei. Die Erzählerstimme in Anfangsszene und die ikonische „Imperial City“-Melodie sorgen für nostalgische Gänsehaut. Umgebungsgeräusche sind klarer, aber neue Audiostücke fehlen – fast so, als hätte man dem alten Radio nur den Equalizer aufgedreht.
Schwächen und fehlende Neuerungen
Trotz neuem Anstrich schleichen sich uralte Ersatzteils-Bugs zurück ins Spiel: Questobjekte tauchen nicht richtig auf, NPC-Pfade verbleiben in Wänden, und Kollisionsfehler sorgen für unfreiwillige Freezes. Wer gehofft hat, Bethesda würde performante Stabilität bieten, erlebt hier zu oft Déjà-vu-Momente.

Fehlende moderne Features
Ein Foto-Modus, mit dem man Cyrodiil selbst in Szene setzen könnte, fehlt komplett. Auch offizielle Mod-Tools wurden nicht angekündigt, obwohl gerade die aktive Community die Spielwelt um hunderte Mods erweitert hat. Ein solches Fehlen wirkt wie eine vertane Chance – gerade in einer Ära, in der Entwickler auf Mod-Unterstützung setzen, um die Lebensdauer eines Titels zu verlängern.
Interface- und Bedienungslücken
Die Weltkarte bietet nach wie vor keine dynamischen Markierungen, und das schnelle Wechseln zwischen Kartenebenen ist umständlich. Tooltipps für wichtige Informationen erscheinen häufig zu spät, und die Benutzeroberfläche wirkt insgesamt wenig intuitiv. Hier wäre ein komplettes Redesign wünschenswert gewesen.
Einordnung des Remasters
In einer Zeit, in der The Elder Scrolls VI längst in Entwicklung sein sollte, bleibt Oblivion Remastered ein Zwischenschritt. Ressourcen wurden in eine Neuauflage investiert, die vor allem Obengenanntes bewahrt, anstatt es zu überdenken. Für Fans, die sofort wieder in Cyrodiil eintauchen wollen, mag das genügen. Wer aber auf bahnbrechende Neuerungen oder eine erweiterte Story gehofft hat, schaut in die Röhre.

Fazit: The Elder Scrolls IV: Oblivion Remastered ist eine Liebschaft mit gemischten Gefühlen. Die verbesserten Lichtstimmungen, das lockerere Levelsystem und einige Komfortfunktionen sind nett, aber kaum revolutionär. Pop-in, frustrierende Bugs und das Fehlen moderner Features mindern den Spielspaß. Nostalgikern genügt der altbekannte Reiz, doch wer echte Innovation suchen will, wird enttäuscht.
Unterm Strich bleibt Oblivion Remastered eine technisch aufpolierte und optisch ansprechende Version eines echten Klassikers. Doch der Eindruck, weniger in frische Ideen als in altbewährtes Gerüst investiert zu haben, bleibt haften. Man kann sich fragen, ob Bethesda die Energie nicht besser in völlig neue Projekte oder zumindest umfassendere Überarbeitungen (wie beispielsweise Fallout) gesteckt hätte.
- Plattform: PlayStation 5 (getestet), Xbox Series X, Steam
- Publisher: Bethesda Softworks
- Entwickler: Virtuos, Bethesda Game Studios
- Genre: West-Rollenspiel
- Spieleranzahl: 1
- USK: 12
- Release: 22. April 2025

Passionierter Videospieler seit dem dritten Lebensjahr. Angefangen mit dem Nintendo Entertainment System zog sich die Leidenschaft bis ins Erwachsenenalter. Heute als PR-Manager, freier Redner und Texter unterwegs. Zu den Lieblingsreihen gehören Metroid, Smash Bros, Super Mario und Halo 1-3.
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