Es ist schon seltsam, so ein Buch in den Händen zu halten. Der neue Manga-Band von Lady Oscar – frisch von Panini in hochwertiger Aufmachung veröffentlicht – sieht aus wie ein neues Werk. Und doch ist es der Einstieg in eine Geschichte, die ich eigentlich schon mein halbes Leben kenne.
Ich erinnere mich noch gut: Die Rose von Versailles lief damals auf Tele5, irgendwann zwischen „Mila Superstar“ (die vor kurzem ihr eigenes Manga Revival gefeiert hat) und „Captain Future“. Ich wusste nicht genau, was ich da sah – keine Raumschiffe, keine Superkräfte, kein klassischer Shonen-Kram. Nur höfische Intrigen, Rüschen, Glanz, Tragik. Und Oscar François de Jarjayes, diese Figur, die irgendwie alles war, was ich faszinierend fand, ohne es benennen zu können. Weiblich, männlich, mutig, tragisch – und immer ganz sie selbst. Und dann war da noch dieser Banger von Introsong der mir bis heute gut im Gedächtnis geblieben ist.

Dass diese Serie nun als Manga in neuer, unzensierter Form vorliegt, ist mehr als ein Nostalgie-Streich. Es ist fast ein kleines kulturhistorisches Ereignis. Lady Oscar (im Original Versailles no Bara) war in den 70ern in Japan ein massiver Hit, hat das Shojo-Genre geprägt wie kaum etwas anderes. Riyoko Ikeda hat mit der Geschichte um Oscar und Marie Antoinette nicht nur Figuren erschaffen, die bis heute zünden – sie hat auch einen Blick auf die Französische Revolution gezeichnet, der eigenartig persönlich wirkt, obwohl er aus weiter Ferne kommt.
Paninis Ausgabe ist hochwertig produziert: fester Einband, gut lesbare Neuübersetzung, ein paar redaktionelle Seiten am Ende. Kein Firlefanz, kein pinkes Glitzerzeug – sondern Respekt vor dem Quellmaterial. Das ist wichtig. Denn wer diesen Manga nur als romantisches Drama abtut, verpasst die Vielschichtigkeit: Klassenunterschiede, Genderrollen, politische Verantwortung, Loyalität – all das verpackt in aufwendige Zeichnungen, in Szenen mit echtem Drama, ohne künstliches Pathos.
Und dann ist da natürlich noch der neue Anime, der gerade auf Netflix angelaufen ist. Versailles no Bara – Requiem ist keine bloße Adaption, sondern eher eine Ergänzung, ein Neuansatz. Noch ist es schwer zu sagen, wohin die Serie steuert, aber der Stil ist bewusst modernisiert – ohne sich vom Original völlig zu lösen. Es fühlt sich an wie ein Versuch, Lady Oscar einer neuen Generation zugänglich zu machen, ohne sie zu verdrehen. Ob das gelingt? Ich bin vorsichtig optimistisch.
Was mich aber mehr interessiert: Wie viele werden beim Schauen merken, dass diese Geschichte, trotz all der Epauletten und Perücken, immer noch trifft? Dass Lady Oscar keine Figur aus der Mottenkiste ist, sondern ein Charakter, der heute genauso herausfordert wie damals? Man merkt, wie viel noch kommen muss. Und man weiß zugleich: Diese Geschichte wird nicht gut ausgehen. Aber das ist in Ordnung. Denn manche Tragödien sind es wert, erzählt zu werden, immer wieder.

Fazit:
Wer Lady Oscar von früher kennt, sollte hier nicht zögern – nicht aus Nostalgie, sondern weil die Serie auch heute noch Relevanz hat. Und wer sie noch nicht kennt, bekommt mit dieser Veröffentlichung die beste Gelegenheit, einzusteigen. Ohne Filter, ohne Kürzungen, mit dem nötigen Respekt. Versailles wartet. Und Oscar auch.
- Verlag: Panini Manga
- Autor: Riyoko Ikeda
- Release: 25. März 2025

Passionierter Videospieler seit dem dritten Lebensjahr. Angefangen mit dem Nintendo Entertainment System zog sich die Leidenschaft bis ins Erwachsenenalter. Heute als PR-Manager, freier Redner und Texter unterwegs. Zu den Lieblingsreihen gehören Metroid, Smash Bros, Super Mario und Halo 1-3.
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