Japanisch angehauchte Spiele gibt es für die Switch wie den sprichwörtlichen Sand am Meer. Haben frühere Nintendokonsolen hier noch Nachholbedarf gehabt, so ist die Auswahl an RPGs, Farmingsimulationen und sonstigen japanischen Spielen immens. Eine Visual Novel im Animestil erschien Ende Oktober im Eshop. Dem Publisher PQube sei an dieser Stelle ein herzlicher Dank für das Testmuster gesagt. Leseratten und Animefans aufgepasst! Wir haben das Spiel für euch intensiv gespielt und verraten in diesem Test, ob das Spiel etwas taugt.
Die Serie ist erstaunlicherweise älter als man meint und hat schon diverse Vorgänger, die allerdings übersetzt im Westen angekommen sind. SINce Memories: Off the Starry Sky ist also das erste Spiel der Reihe, das eine englische Übersetzung erhalten hat und den Sprung in unsere Breiten geschafft hat. Tauchen wir also ein in diese ersten Gehversuche der Reihe.
Das Leben ist kein Ponyhof
Dass das Leben nicht immer nur aus Sonnenschein besteht, ist keine neue Erkenntnis. Man lernt sie in der Regel schon in frühen Jahren des Lebens. In SINce Memories: Off the starry sky schlüpft der Spieler in die Rolle von Junya Mizumoto. Junya ist ein junger Student, der den Ernst des Lebens zu spüren bekommt, als sein Bruder bei einem Autounfall ums Leben kommt. Als ob das nicht schon schwierig genug wäre, wird er auch noch von einer geheimnisvollen jungen Dame mit der Schuldfrage nach dem Tod konfrontiert und muss „nebenbei“ noch seinen Alltag in der Ausbildung und auch beginnende Freundschaften zu anderen Frauen meistern. In diese Melange lässt euch das Spiel hinein und versucht hier einen Spannungsbogen aufzubauen.
Die Geschichte entfaltet sich im Laufe des Spiels und hat ein gutes Maß – wohl aber kein Übermaß! – an Charakteren, die im Leben und in den Sorgen von Junya mitmischen. Das Erzähltempo ist dabei sehr gemächlich. Das Spiel lässt den neuen Charakteren stets viel Zeit zur Entfaltung – bisweilen auch etwas zu viel, worunter die Spannung durchaus leiden kann. Hier kann sich das Spiel in Längen verirren. Ungeduldige Spieler werden hier auf die Probe gestellt, zumal der Spieler nur einen sehr begrenzten Einfluss auf das Spiel nehmen kann. Ab und an bekommt man eine Wahlmöglichkeit, wie man den Dialog fortsetzen möchte. Je nachdem wie man sich entscheidet, gibt es unterschiedliche Routen mit unterschiedlichen Charakteren, das grundsätzliche Problem bleibt aber bestehen: Die Geschichte schreitet sehr langsam voran und der Spannungsbogen wird etwas überspannt. Dabei ist sie keinesfalls schlecht geschrieben. Wenn man sich auf das gemächliche Erzähltempo einlassen kann, erwartet den Spieler eine interessante Geschichte mit unterschiedlichen Charakteren, der man gut folgen kann – und auch gerne folgt. Das ist für eine Visual Novel, die naturgemäß von der Geschichte lebt, durchaus von Bedeutung.
Ruhig Blut
Im Gameplay lässt sich Ähnliches beobachten. Es gibt faktisch kein wirkliches Gameplay. Es ist eben eine Visual Novel, bei der der Spieler zur Passivität verdammt ist. Abgesehen von der oben bereits genannten Möglichkeit, ab und zu den Dialog in die ein oder andere Richtung zu bringen, gibt es keine Möglichkeit, in das Spiel aktiv einzugreifen. Es wird gelesen. Nicht mehr und nicht weniger. Der Spieler kann den Text automatisch ablaufen lassen, was sich besonders anbietet, wenn man das Spiel im Handheldmodus laufen lässt. So kann man die Switch auf den Tisch abstellen und die Geschichte bequem von der Couch aus mitverfolgen. Außerdem kann man die Dialoge auch vorspulen. Ein kleiner Wermutstropfen: Man kommt nicht mehr zurück zu einer bestimmten Stelle. Hat man also das Gefühl, bei der Dialogwahl einen „Fehler“ gemacht zu haben oder will einfach die andere Option ausprobieren, so funktioniert dies bei SINce Memories: Off the starry Sky leider nicht. Das wäre eine sehr dankbare Option gewesen, die das Spiel doch deutlich aufgewertet hätte. Je nach gewählter Option gibt es nämlich auch gestufte Enden (normale oder bestmögliche enden), wie man es von anderen Spielen auch kennt. Hier wäre eine Rückkehr im Log hilfreich gewesen. Immerhin sagt das Spiel dem Spieler, welches Ende bei den verschiedenen Routen erreicht hat. Im Menu hat der Spieler noch die Möglichkeit, sich verschiedene Szenen (als Standbilder) aus den Routen anzusehen, wie auch die entsprechende Musik zu hören. Ein nettes Gimmick, das zu gefallen weiß.
Man muss als Fan von Visual Novels um jedes Spiel froh sein, das in unseren Breiten erscheint. Dass das Genre nur eine kleine Nische von Spielern bedient, liegt wohl in der Natur der Sache. Wahrscheinlich sind die Budgets der Publisher bei solchen Spielen sehr klein, aber man darf und muss dennoch anmerken, dass das Spiel nicht auf Deutsch spielbar ist. Gute Englischkenntnisse sind also unabdingbar, um in den Genuss des Spieles kommen zu können.
Don’t judge a book by its cover
Gilt oben genannter Satz für Bücher ohne jeden Zweifel, darf bei einer Visual Novel der technische Eindruck doch auch in die Wertung einfließen. Erstaunlicherweise spielt SINce Memories: Off the starry Sky hier seine Stärken aus. Man schaut es gerne an, weil es wirklich schön ist. Freilich sieht man nur Standbilder, es muss nichts animiert werden, so dass es technisch natürlich nichts Besonderes darstellt. Das Design der Charaktere, wie auch die Umgebungen wissen aber zu gefallen. Es kommt farbig daher, passt gut in die fiktive Welt und macht Spaß anzuschauen. Die Figuren sind sicherlich klischeehaft dargestellt, aber nicht überzeichnet – was bei Animes bisweilen vorkommen kann. Das Spiel ist von einem dezenten Stil gewiss weit entfernt, verliert sich aber auch hier nicht in zu übertriebene Darstellungen. Auf musikalischer Ebene kann es ebenfalls überzeugen. Die Synchronisation der Stimmen passt gut und die Musik im Hintergrund ist dezent und angemessen.
Fazit:
Spreche ich eine Kaufempfehlung aus? Nicht ohne Weiteres, dazu ist das Genre zu speziell. Es ist auf eine kleine Zielgruppe zugeschnitten und auch innerhalb dieser kleinen Zielgruppe wird es Spieler geben, die SINce Memories: Off the starry Sky wahrscheinlich zu langatmig empfinden. Das Spiel macht das, was es machen will, in Ordnung, ohne dabei zu glänzen. Aus meiner (sehr geduldigen!) Sicht hat das Spiel funktioniert und wusste durchaus zu gefallen. Dass andere Spieler hier aber zu einem anderen Ergebnis kommen, ist aber auch völlig klar. SINce Memories: Off the starry Sky ist speziell und bedient eine kleine Nische. Wer sich innerhalb dieser Nische einfinden kann, der kann einen Blick riskieren. Ich glaube, alle anderen würden mit dem Spiel nicht glücklich werden.
(Autor dieser Rezension: Stjepan Prtenjaca)
- Plattform: getestet auf Nintendo Switch, auch auf PlayStation und PC erhältlich
- Publisher: PQube
- Entwickler: Mages./5Pb.
- Genre: Visual Novel
- Spieleranzahl: 1 Spieler
- Release: 23. 10. 2024
- Preis zum Start: 39,99
- USK-Freigabe: 12
Wenn ich daran denke, dass ich mehr in meinem Leben mit Videospielen zu tun hatte als nicht, zeigt es mir zum einen, wie alt ich bin und wie lange ich mittlerweile dem Gaming zugetan bin. Meine erste Konsole war das SNES und spätestens ab diesem Zeitpunkt war ich dieser Leidenschaft verfallen, die bis heute anhält. Auch wenn durch den Alltag leider die Zeiten von verspielten Tagen vorbei sind.
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