Im Falle von Ion Fury wird sogar eine alte Engine ausgegraben, um das Spielgefühl von damals wiederzubeleben. Die Rede ist von der Build Engine, die unter anderem in den Ego-Shootern Duke Nukem 3D, Blood oder Shadow Warrior zum Einsatz kam und damit der Konkurrenz aus dem Hause id Software (DOOM, Quake) Paroli bot. Durch die Kniffe des 21. Jahrhunderts wurde die BuildEngine in Ion Fury natürlich aufgewertet, sodass der Titel zwar auf dem ersten Blick so aussieht wie aus den 90ern, aber dann doch mehr unter der Haube hat. Wir haben uns die Switch-Version angesehen und uns dabei durch knapp 30 Level geballert und gesprengt.
Talk Shit, get Shot
Von der ganzen Aufmachung her ist Ion Fury eine Hommage an die bekannten 3D Realms Ego-Shooter. So sind im Spiel einige Zitate wiederzufinden, die ihr vor allem an Wänden durch Graffitis, Postern lesen könnt oder durch das Aufsagen von Shelly „Bombshell“ Harrison, in dessen Rolle ihr schlüpft und damit keinen Muskel-Macho spielt, sondern eine Frau, die der Spezialeinheit der GDF (Global Defense Force) angehört. Sie haut aber auch genauso kernige Sprüche raus, wie ihr es zum Beispiel in der Überschrift entnehmen könnt. Diese One Liner kommen immer sporadisch zum Einsatz, wenn ihr eure Widersacher erledigt. Dazu gibt es auch noch weitere, kontextspezifische Sprüche, entweder durch das Betreten eines Gebietes oder durch das Untersuchen der Umgebung mit dem X-Knopf. Letzteres ist ein wichtiger Bestandteil, denn die Level in Ion Fury sind vollgepackt mit Geheimnissen.
So hatte ich bei meinem Durchspielen gerade einmal 39% aller Secrets gefunden. Mal Verschieben sich Wände, sodass dahinter etwas zum Vorschein kommt, mal müsst ihr euch einen geheimen Weg erst noch „Freisprengen“ oder auch versteckte Schalter finden, die dann in der Nähe das Secret preisgeben. Aber genau dieses Interagieren mit der Levelumgebung in Kombination mit dem gelungenen Leveldesign, in dem es viel zu entdecken gibt und Abwechslung geboten wird, macht eine Stärke des Spieles aus.
Also ganz ähnlich zu den erwähnten Klassikern wie Blood, Shadow Warrior und vor allem Duke Nukem 3D. Wer mit diesen Spielen aufgewachsen ist, wird sich hier direkt heimisch fühlen, aber auch ohne diese Nostalgie ist Ion Fury ein sehr gelungener Ego-Shooter.
Ach, ja Shellys Mission ist es, den bösen Wissenschaftler Dr. Jadus aufzuhalten, der mit seinen Cyborgs die Stadt NEO DC terrorisiert. Das ist alles, aber mehr an Story braucht es auch nicht.
Für jede Situation die passende Waffe
Die nächste große Stärke ist das Run and Gun – Spielgefühl. Jede der acht vorkommenden Waffen hat seine Daseinsberichtigung. Häufig ist es in dem Genre so, dass ihr eure Startwaffe (für gewöhnlich eine Pistole) kaum noch gebrauchen werdet, sobald ihr mit dickeren Wummen ausgestattet seid. Hier dagegen ergibt jede Waffe einen Sinn. So ist eure Startwaffe neben dem Schlagstock (der sich prima dafür dient, Mülltonnen und anderen Kram zu Klump zu schlagen für Goodies) die Magnum.
Obwohl sie immer nach 6 Schuss nachgeladen werden muss, habe ich sie bis zum Ende des Spieles immer wieder gebraucht. Das liegt an der tollen Zweitfunktion, die ihr bei allen Waffen durch Druck auf die linke Schultertaste auslösen könnt. Bei der Magnum ist es so, dass ihr dann eure Widersacher anvisiert. Wenn dann im Fadenkreuz ein Totenschädel erscheint, braucht ihr die Taste nur noch loszulassen und die Kugeln treffen voll ins Schwarze und richten damit einen hohen Schaden an, egal über welche Entfernung hinweg. Ein weiteres Beispiel für eine gelungene Zweitfunktion ist die Shotgun, die dann zum Granatwerfer umgemodelt wird und Granaten verschießt. Die Feuergefechte fallen dadurch abwechslungsreich aus, da es durch die verschiedenen Waffen mehrere Wege gibt, auf welche Art und Weise ihr am besten voranschreitet. Nervig ist dabei jedoch der Waffenwechsel auf dem Steuerkreuz, was besonders mitten im Gefecht umständlich zu bedienen ist.
Da Shelly auch springen kann, gesellen sich im Leveldesign einige Sprungpassagen dazu, die aber größtenteils auf Anhieb gut machbar sind. Auch unter Wasser geht es einige Male und dann müsst ihr eure Luft im Auge behalten. Dazu werden die Level im späteren Verlauf zum Teil immer komplexer, sodass die Wegfindung manchmal Schwierigkeiten bereiten kann. Von daher ist es als Spieler ratsam, sich markante Punkte im Level zu merken und dabei die Karte einzublenden, die über den Minus-Knopf aufgerufen wird. Nett wäre es aber dann gewesen, wenn auf ihr die Key-Karten Türen markiert werden, denn ganz klassisch gibt es blaue, gelbe und rote zu finden, mit der ihr dann durch die entsprechende Türe gelangt. Und eine Regel bewahrtet sich auch hier: Wenn in bereits besuchten Gebieten neue Gegner auftauchen, dann wisst ihr, dass es hier weitergeht.
Nicht ganz aus einem Guss
Schießen und das Bewegung fühlt sich geschmeidig an und auch der übertriebene Gore Faktor (Splatter) trägt seinen Teil bei. Das Gun-Gefühl ist vom Feedback her sehr gut, sodass es gar nicht auffällt, dass eine Rumblefunktion nicht vorhanden ist. Vermisst habe ich sie nicht, dennoch wäre eine natürlich wünschenswert. Vielleicht nachzureichen durch einen Patch. Gleiches gilt für die vorkommenden Slowdowns in manchen Feuergefechten und zwar durch viele Explosionen und wenn der Bildschirm übersät mit Gegnern ist. Vereinzelt kommen diese Slowdowns vor und müssen negativ erwähnt werden, auch wenn das Spiel in großen Teilen flüssig läuft. Wenn auch in 30 Bildern auf der Switch, gegenüber 60 auf der PS4 und Xbox One. Und eigentlich müsste man annehmen, dass die Switch, das Geschehen auch in 60 Bildern packen sollte und wenn nicht, zumindest keine Slowdowns hat.
Dagegen sei an dieser Stelle positiv die Levelmusik erwähnt, die gut zum Geschehen passt und die Atmosphäre einfängt. Häufig bekommt ihr es mit Synthwave zu tun, was sehr zum futuristischem Setting passt. Der Schwierigkeitsgrad auf Normal ist bereits fordernd, war aber noch angenehm zu bewältigen, vor allem wenn ihr aufmerksam durch die Level schreitet, um die vielen verteilten Medi-Packs und Rüstung-(steilen) zu entdecken. Dazu lässt sich jederzeit der Spielstand speichern, was auch eine große Hilfe ist. Auf die automatische Speicherfunktion solltet ihr euch dagegen nicht entlassen, weil sie nur an bestimmten Punkten speichert. Kritisieren kann man die Bossfights, die alle darauf hinauslaufen, gegen eine Überzahl anzutreten, bei denen dann ab dem zweiten Boss auch dickere Brocken dabei sind. Da es dann bei jedem Kampf darauf ankommt, die Umgebung zu nutzen (was Ausweichen und das Einsammeln von Munition und Energie anbelangt), sind die Boss Scharmützel etwas eintönig designt.
- Plattform: Nintendo Switch (getestet), Xbox One, PS4, Steam
- Publisher: 3D Realms, 1C Entertainment
- Entwickler: Voidpoint
- Genre: Ego-Shooter
- Spieleranzahl: 1
- Preis: 24,99 Euro
- Release: 14. Mai 2020
Wenn ich daran denke, dass ich mehr in meinem Leben mit Videospielen zu tun hatte als nicht, zeigt es mir zum einen, wie alt ich bin und wie lange ich mittlerweile dem Gaming zugetan bin. Meine erste Konsole war das SNES und spätestens ab diesem Zeitpunkt war ich dieser Leidenschaft verfallen, die bis heute anhält. Auch wenn durch den Alltag leider die Zeiten von verspielten Tagen vorbei sind.
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