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Thief

Manchmal treten selbst fast vergessene Charaktere aus dem Schatten heraus, um ein Comeback zu feiern. So geschehen mit Garret, dem Protagonisten der Thief-Serie, dessen ersten beiden Teile in Deutschland Dark Project I und II hießen. 2004 erschien der letzte Teil mit dem Untertitel Deadly Shadows und nun ganze 10 Jahre später, tritt Garret erneut in Erscheinung.

Dabei heißt das neue Spiel schlicht und ergreifend Thief. Da liegt es nahe, dass es als sogenanntes Reboot, also Neustart der Serie angesehen wird. Wie es dem Dieb nach seinem langen Schlaf ergeht, erfahrt ihr nun im Test.

In der namenlosen Stadt ohne Gesicht

Angesiedelt ist der Schauplatz in einer namenlosen Stadt, die rein äußerlich dem viktorianischen England zuzuordnen ist. Das bedeutet also, das mechanische Vorgänge und Elektrizität den Weg in die Gesellschaft gefunden haben. Dazu gesellen sich ein paar Stilmittel, die dem Steampunk Genre zuzuordnen sind. Der Prolog des Abenteuers spielt über den Dächern der Stadt und gemeinsam mit der weiblichen Diebin Erin werdet ihr mit der Steuerung vertraut gemacht hat. Bei diesem Beutezug geht aber so ziemlich alles schief. Erin scheint von einer unbekannten Macht verschlungen zu sein, während Garret 1 Jahr im Koma liegt. Nach so einem Schlaf ist es natürlich naheliegend, die Ereignisse, die geschehen sind, zu durchleuchten. Dass man nebenbei noch einiges an Diebesgut einholen kann, ist ein netter Nebeneffekt. Zugleich wird Garret in einen typischen Arm gegen Reich Konflikt geworfen. Der Großteil der Stadt leidet an Hunger und Krankheiten, sodass sich gegen den Baron Northcrest Widerstand erhebt. In insgesamt 8 Kapiteln wird die Geschichte erzählt und ob es ein Heilmittel gibt oder was mit Erin geschah, gilt es natürlich herauszufinden. Die Spielwelt lässt sich nicht wirklich als Open World bezeichnen. Zwar werden manche Bereiche wie der Stonemarket immer wieder betreten, trotzdem sind sie klar von Ladezeiten getrennt und manche Orte werden nur einmalig erforscht und dienen als eigenständiges Level.

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Vom Glockenturm in die Welt

Garrets Versteck befindet sich im Glockenturm. Anscheinend stört ihn der Lärm der Glocken nicht, weshalb er deshalb dort seine Bleibe hat. Der Turm dient als Startpunkt in die Welt. Von hier wird der Stonemarket oder andere Bereiche angesteuert. Schon in den Anfangsminuten innerhalb der Stadt oder erst recht in den ersten Kapiteln, fällt die gelungene Präsentation auf. Zumindest was das Erzeugen einer stimmigen Umgebung mit Hilfe von, nun sagen wir mal „Wettereffekten“ angeht. Das kommt durch Licht, Staub, Regen und Partikel-Effekten zustande. Ohnehin wirkt alles düster, dreckig und ein Stück weit verkommen. So wie eine dahinsiechende Stadt auch sein sollte. Trotzdem ist das Technikgerüst alles andere als gut, auch ist die Spielwelt hinsichtlich eines Aspektes alles andere als glaubwürdig. Dazu später aber mehr.

Bereits hier am Anfang ist der Meisterdieb recht agil. Per Sprint-Taste joggt Garret flott durch die Gassen und kann so direkt Abgründe überwinden oder Kisten und andere Dinge erklettern. Mit Hilfe seiner Eisenkralle gelangt er sogar an höhere Orte, sofern sich die dazu passende Gitterplatte an der Wand befindet. Besonders über den Dächern lässt sich fette Beute machen. Denn hier oben stehen auch ein paar Fenster zum Einstieg offen und solch eine Gelegenheit braucht man einem Dieb nicht zwei Mal sagen. Überall liegen kleine Schätze in Form von Gegenständen, wie Armreife, Münzen, Füllfederhalter, Haarbürsten und vielem mehr herum. Sei es nun offen im Zimmer oder in Schubladen, Schränken oder Tresoren, die natürlich per Dietrich geöffnet werden müssen. Letzteres geht häufig sehr leicht von der Hand, vor allem deshalb da Garret einen unendlichen Vorrat an Dietrichen besitzt. Dabei wird der linke Analogstick um seine Achse bewegt und wenn dann der Controller heftig vibriert, muss nur noch die rechte Schultertaste gedrückt werden. Der Einsatz des Rumbelns wird auch beim Klicken von geheimen Schaltern verwendet. Das gesammelte Geld lässt sich beim Händler in der Taverne gleich in viele nützliche Gegenstände und Upgrades investieren. Ein paar Beispiele. Mit Seilpfeilen könnt ihr an bestimmten Balken in der Spielwelt ein Seil spannen, um so an weitere Schauplätze zu gelangen. Per Schraubenschlüssel lassen sich Gittertüren aufschrauben und mit dem Drahtschneider Alarmanlagen ausschalten. Munition für euren Bogen, seien es nun Wasserpfeile zum Erlöschen von Fackeln oder stumpfe Pfeile um zum Beispiel eure Feinde wegzulocken, sind ebenfalls hilfreich. Ebenso die Upgrades für eure Rüstung, wie ein Lederpanzer, damit Garret mehr Schläge einstecken kann. Das übliche Sammelsurium also, aber wenigstens wird man so auch motiviert, möglichst viel Beute zu machen. Übrigens, wer noch mehr Geld scheffeln möchte, kann sich von Basso Nebenaufträge abholen, die in der Regel so aussehen, dass ihr an einen bestimmten Ort in der Stadt gehen müsst, um dort das Zielobjekt zu klauen. Wie ihr seht, mit mehr Ausrüstung stehen euch in der Stadt und innerhalb der Level mehr Wege offen.

Was die Wegfindung und das Auffinden von Schätzen angeht, stellt euch das Spiel gleich 2 großzügige Hilfen zur Seite. Der eingeblendete Weganzeiger zeigt euch immer die Richtung an, wo ihr als nächstes hinmüsst. Die Fokusenergie dagegen grenzt dagegen fast schon an einen Cheat. Per Y-Taste wird diese aktiviert und dann werden sämtlich Bereiche, mit denen ihr interagieren könnt oder auf die ihr achten solltet, blau markiert. Diese Anzeige ist aber begrenzt, kann jedoch durch den Verzehr von Mohnblumen wieder gefüllt werden. Damit verbunden sind auch die Fokus-Upgrades, passive Fähigkeiten, die Garret in Sachen wie Wahrnehmung, Kampf und Bewegung weiter verbessern. Puristen und Kenner der Serie werden sich vermutlich über solche Hilfen eschauffieren, sie lassen sich aber im Optionsmenü jederzeit ein- und ausschalten. Auch an weiteren Stellschrauben kann gedreht werden, das geh sogar soweit, dass der Game Over Bildschirm erscheint, sobald man entdeckt wird. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang aber, warum man den Schwierigkeitsgrad während des Spielens nicht mehr ändern kann, der zu Anfang ausgewählt wird.

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Aus dem Schatten kommen

Den Begriff aus der Überschrift wird wohl jeder Thief- und Rollenspieler (egal ob bei Games, Pen&Paper oder Boardgames) kennen und muss auch hier beim Schleichen stets beherzigt werden. Im Schatten verweilen, bedeutet nicht entdeckt zu werden und das wiederum lässt Garret am Leben. Was seine kämpferischen Fähigkeiten angeht, ist er nämlich nicht gerade ein Krieger, was auch als Dieb recht unpassend wäre. Solange ihr gegen nur einen Feind kämpft oder ihr diese nach und nach aus dem Weg räumen könnt, ist das weniger ein Problem. Ab 2 Widersachern gleichzeitig dagegen solltet ihr lieber die Beine in die Hand nehmen und am besten eine erhöhte Position aufsuchen. Dann nämlich leistet sich die Künstliche Intelligenz (KI) einige Aussetzer. Als wenn ein Zauber wirken würde, begreifen es die Wachen es nicht, dass ihr ganz in der Nähe seid, nur halt eine Etage höher. Der Vorteil ist an dieser Position zusätzlich, dass ihr von oben (ähnlich wenn man sich von hinten anschleicht) einen K.O. Schlag ausführen könnt. Solche Situationen lassen sich dann konsequent ausnutzen. Man sorgt also bewusst für Radau, begibt sich dann auf das Plateau und wartet dann auf das nächste Opfer und schon ist der Bereich gesäubert und die Umgebung kann danach in Ruhe erkundet werden. In diesem Fall ist die KI also alles andere als rosig und auch sonst zeichnet sie sich nicht durch eine Glanzleistung aus. Verhaltensmuster, die man aus anderen Stealth-Games kennt, werden auch hier angewandt. Werdet ihr entdeckt wird ein abgesteckter Bereich nach euch abgesucht und nach einer gewissen Zeit gehen die Herrschaften zurück auf ihre angedachten Positionen. Solange ihr euch im Schatten befindet, werdet ihr nicht entdeckt, selbst wenn ihr 5 Meter vor einer Wache steht. Aber selbst das Licht stellt dank eurer „Sprint-Schleich-Bewegung“ eine geringere Gefahr dar. Per A-Taste durchführt Garret diese Aktion in geduckter Haltung und verursacht keinerlei Geräusche. Das Vermeiden letzterer ist ohnehin eher das Hauptaugenmerk, um nicht entdeckt zu werden. Manche Bodenbeläge wie Glassplitter erzeugen einen lauten Krach, wenn ihr euch normal drüber bewegt, auch an Vogel- und Hundekäfigen sollte man sich stets schleichend fortbewegen, sonst schlagen diese Tierchen Alarm.

Das Stealth Gameplay mit dem verbundenen Katz und Maus Spiel funktioniert also und macht auch Spaß. Der spielerische  Kern ist de facto vorhanden, leider trüben viele Mängel das Erlebnis.

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Kritikliste

Fangen wir bei der Technik an. Wie gesagt, der Grafik gelingt es, eine stimmige Welt auf dem Bildschirm zu bringen, leider tritt hier fast jedes technische Problem auf, was man aus der Generation 7 der Konsolen (Xbox 360, PS3, Wii) kennen lernen durfte. Das fängt bei nachladenden und matschigen Texturen an und hört bei deutlichen Einbrüchen bei der Bildrate und Treppchen-Bildung auf Kanten auf. Vor allem die Ingame-Sequenzen laufen fast nie flüssig und sind abseits von Garrets Bewegungen nur mäßig animiert. Weiteres Problem hier ist die Soundabmischung. Gespräche und Dialoge sind häufig nicht nur asynchron, sondern auch manchmal akustisch nur sehr schwer wahrzunehmen. Auch wenn die Ladezeiten sich im Rahmen befinden, stören sie innerhalb der Stadt den Spielfluss. Vor allem in den Erkundungsmomenten.

Die zum Teil fragwürdige KI wurde bereits angesprochen, kommen wir also zum “unnötigen“ Ballast. Obwohl eine Vielzahl verschiedener Pfeile für den Angriff zur Verfügung stehen (zum Beispiel Breitkopfpfeil, Erstickungspfeil, Explosionspfeil) bleibt das effektivste Mittel zum Ausschalten der Gegner der Knüppel in Verbindung eines K.O.-Schlages.

Ein weiteres Manko: Thief wirft euch hier und da ins kalte Wasser und Try and Error Passagen halten Einzug. So habe ich am Ende eines Kapitels mehr als 20 Anläufe gebraucht, um diese eine Stelle zu meistern und das ging dann schließlich auch nur, indem ich mir besagte Stelle auf Youtube ansah. In Kapitel 7 erwartet euch ein Endgegnerkampf, der mich nicht überzeugen konnte und mir in Sachen Bewegungs- und Angriffsmuster recht zufällig erschien, sodass ich das Gefühl hatte, dass manche Bildschirmtode nicht durch die eigene Dummheit zustande kamen.

Die Geschichte der hungerenden Stadt kommt abseits der Storysequenzen nicht in Schwung, weil sie einfach nicht glaubwürdig wirkt und sich die Bewohner in den Straßen leblos verhalten. Das trübt die sonst sehr gute geschaffene Atmosphäre deutlich. Man muss sich eindeutig die Frage stellen, weshalb die Bevölkerung an Hunger leidet, wenn fast an jeder Ecke und in jedem Haus Bares herumliegt? Selbst die Haarbürsten und anderer Kleinkram bestehen aus Kupfer, Silber oder gar Gold.

Das wirkt einfach nicht glaubwürdig. Gut wäre gewesen, wenn ihr an eure eigene Moral appelliert werden würdet, sodass man sich fragt, ob man nun diese Person bestehlen soll oder nicht. Die NPCs, die in den Gassen herumlungern, sind im Grunde nur Puppen und reagieren in keinster Weise auf euch. Interaktion gleich Null. Glaubwürdige Spielwelt Ade. In der Beziehung ist Thief eindeutig in der Vergangenheit hängen geblieben und das hören selbst Fans der ersten Teile in dem Zusammenhang sicherlich nicht gerne.

Innerhalb der Kapitel spielt das natürlich weniger eine Rolle. Sie bieten einen abgeschlossenen Bereich und wirken deshalb ausgereifter. An dieser Stelle möchte Kapitel 5 Moira (eine verlassene Anstalt) positiv erwähnen. Hier wird eine durchweg gelungene Stimmung geschaffen und sorgt durch den Schauplatz und vor allem Nebengeräuschen für eine schaurige Atmosphäre.

Ach ja, neben dem Part Arm gegen Reich, Hunger und Krankheiten befasst sich die Story auch noch mit Erin. Dieser spirituelle und mystische Anteil wirkt leider weniger überzeugend und schlecht erzählt.

  • Plattformen
PC, PlayStation 3, Xbox 360 (getestet), PlayStation 4, Xbox One
  • Publisher
Square Enix/Koch Media
  • Entwickler
Eidos Montreal
  • Genre
Action-Adventure/Stealth
  • Release
Februar 2014
  • USK-Freigabe
freigegeben ab 16 Jahren

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