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Don Rosa Interview 2014

In diesem Oktober war Comic-Legende und inoffizieller Carls Barks Nachfolger (wir nennen ihn so, auch wenn er es nicht sonderlich mag), Don Rosa wieder einmal auf großer Deutschland-Tour. Auf seinem letzten Stopp in Stuttgart hat sich Don die Zeit genommen mit uns über seine Arbeit, seine Vergangenheit und Zukunft zu sprechen.

GentleGamer: Hallo Herr Rosa, wir freuen uns sehr darüber, dass sie sich noch vor ihrer letzten Signierstunde einige Minuten für uns Zeit nehmen.

Sie hatten in den 90er Jahren die Möglichkeit Carl Barks noch persönlich zu treffen. Können sie uns etwas über dieses Treffen erzählen?

Don Rosa: Nun er hatte mich zu sich nach Hause eingeladen, als er erfuhr dass ich bei der nächsten San Diego Comic Connvention dabei sein würde. Ich lebte im Südwesten der USA, während er im Nordwestlichen Teil lebte. Also lud er mich zu sich ein – in erster Linie um einige Wogen zu glätten, die in letzter Zeit durch seine „Business-Manager“ entstanden.
Diese hatten ohne sein Zustimmen in seinem Namen einiges an Propaganda veröffentlicht, in der stand, wie sehr er mich verachten würde und wandten noch einige andere schmutzige Tricks an, um den Eindruck zu erwecken, Carl und ich wären Gegner.

So kam es dazu, dass er seine „Business-Manager“ verklagte, was ich anschließend auch tat und einige weitere Leute folgten unserem Beispiel. Um also erwähnte Wogen zu glätten und zu beweisen, dass wir nichts gegeneinander hatten, lud er mich und einige seiner Freunde ein, ihn für einen Tag zu besuchen.

Don Rosa

Don Rosa

Wir haben ehrlich gesagt über nichts Besonderes gesprochen. Er hat mir eines seiner Solitär-Spiele gezeigt, die er seit Jahrzehnten bestritt. Er hatte sich sehr genau notiert, wie oft er gewonnen und verloren hatte, das hat mich äußerst fasziniert. Anschließend sind wir durch sein Haus gelaufen und haben über sein Leben im Nord-Westen der USA gesprochen.

Wir haben nicht eine Sekunde über die Ducks gesprochen – ich wusste, dass er daran kein Interesse hatte und ich genauso wenig. Heutzutage erzählen mir die Leute wie sie mit meinen Geschichten aufgewachsen sind genauso wie ich es tat mit Carls Geschichten. Leute erzählen mir, wie ich ihr Leben verändert bzw. beeinflusst habe und das ist zwar sehr schmeichelhaft aber auch gleichzeitig etwas unangenehm. Ich wollte nie jemanden beeinflussen, sondern sie höchstens für 10-15 Minuten mit meinen Comics unterhalten. Carl ging es dabei nicht anders, weshalb wir es auch nicht nötig hatten, über die Ducks zu sprechen.

Als mein Besuch bei ihm zu Ende ging stand ich in seinem Türrahmen, drehte mich zu ihm um und sagte: „Weißt du worüber ich wirklich gerne mit dir geredet hätte? Über deinen Einfluss auf meine Sichtweise, meine Karriere und mein Leben, aber ich weiß das wäre dir nicht so recht gewesen. Daraufhin lächelte er mich an und sagte: „Ja, ganz genau“.

GentleGamer: Haben Sie ihn irgendwann wie ein richtiger Fan um ein Autogramm gebeten?

Don Rosa: Nein, das habe ich nie. Das musste ich auch gar nicht. Ich habe ihm Briefe geschrieben und habe ihm sogar geschrieben, mir keine Zeichnung zu schicken. Ich wollte nicht, dass er denkt, ich würde darauf spekulieren eine Zeichnung von ihm zu erhalten. Ich hatte seine Comics, ich habe kein Autogramm oder eine Zeichnung gebraucht.

GentleGamer: Einige Briefe die sie und Carl Barks ausgetauscht haben, wurden gedruckt. Sind die Briefe noch in ihrem Besitz?

Don Rosa: Davon gehe ich doch aus. Irgendwo werden sie schon sein. Ich habe jeden Brief von jedem der mir einmal geschrieben hat noch in meinem Besitz.

GentleGamer: Haben sie Erlebnisse, Abenteuer oder Erinnerungen aus ihrer Kindheit für ihre Geschichten verwendet?

Don Rosa: Nein… welche Abenteuer soll ich denn als Kind erlebt haben, die ich hätte verwenden können?

GentleGamer: Nun um nochmals auf Carl Barks sprechen zu kommen. Viele seiner Geschichten  wurden durch Facetten aus seinem Leben geprägt. Nehmen wir zum Beispiel sein Leben auf dem Bauernhof seiner Eltern in jungen Jahren oder sein ständiger Jobwechsel, bevor er Zeichner wurde, was letzten Endes auf Donald Duck übertragen wurde. Deswegen wollten wir wissen, ob es bei ihnen ähnlich war.

Don Rosa: Nun Erinnerungen an Filme, TV-Shows und Comics sind sicherlich eingeflossen, aber nichts das mir persönlich widerfahren ist.

GentleGamer: Jetzt wo sie sich vom Comiczeichnen zurückgezogen haben bzw. in den Comic-Ruhestand gegangen sind…

Don Rosa: Was bedeutet in Ruhestand gegangen? Meinen sie den Ruhestand bei dem man aufhört zu arbeiten und dafür bezahlt wird? Dann bin ich nicht im Ruhestand – ich habe gekündigt.

GentleGamer: Dann lassen sie mich die Frage anders formulieren. Kommt es manchmal vor – nun da sie aufgehört haben – dass ihnen der ein oder andere Gedanke in den Kopf kommt, wo sie sich denken: „Hey das könnte gutes Material für eine Onkel Dagobert-Geschichte werden.“?

Don Rosa: Nein. Niemals. Das Disney-System hat meine lebenslange Leidenschaft für das Kreieren von Comics zerstört. Dieses System hat dafür gesorgt, dass es vollständig aus meiner Seele gestrichen wurde. Ich vermisse es kein bisschen. Ich hoffe meine Fans denken nicht, dass ich mich eines Tages besinne und wieder anfange Geschichten zu entwickeln. Ich bin ein für alle Mal fertig damit. Ich werde nie wieder Teil dieses Systems sein. Ich habe einmal geschrieben, dass ich überhaupt damit angefangen habe, weil ich selbst ein Fan war und nicht um Aufmerksamkeit zu erhalten. Ich werde also weiterhin nur ein Fan sein. Comics, Musik und Bücher von anderen Menschen sammeln und lesen. Ich bin glücklicher auf dieser Seite zu stehen.

GentleGamer: Sammeln sie inzwischen auch neuere Comics oder konzentrieren sie sich nach wie vor auf die 40 – 70er Jahre?

Don Rosa: Wenn es um das Sammeln geht, habe ich Comic von Mitte der 40er Jahre bis in die 80er gesammelt. Mir ist zu Ohren gekommen, dass es gute neuere Comics gibt, vor allem in Europa. Da kaufe ich mir gerne Sammlereditionen, komme aber leider nie wirklich dazu, sie zu lesen. Bei mir zuhause stapeln sich Bücher, CDs und DVDs. Ich komme leider kaum dazu mich diesen Dingen einmal zu widmen, da mich die Gartenarbeit, das Reisen und meine Chillischotten (Anmerkung der Red. Don züchtet leidenschaftlich gerne unzählige Sorten verschiedenster Chilipflanzen, von denen er auch einige zu seinen Signiertouren mitnimmt und an die Fans verteilt) sehr in Beschlag nehmen.

Ich habe wohl keine genaue Antwort auf die Frage, ob ich neuere Comics lese bzw. sammle.

GentleGamer: Sie scheinen nach wie vor ein sehr beschäftigter Mann zu sein.

Don Rosa: Definitiv, als ich aufgehört habe Comics zu zeichnen, habe ich alle anderen Arbeiten intensiviert. Mein großes Grundstück nimmt vor allem im Sommer den Großteil meiner Zeit in Anspruch. Jeden einzelnen Tag.

Ich gehe mit meiner Frau auch sehr oft campen, ich verstehe zwar nicht wieso, da wir genauso gut auch in unserem Vorgarten campen könnten, da wir mitten in der Natur leben. Würde vielleicht mehr Sinn ergeben zuhause zu bleiben, anstatt sich mit vielen fremden Menschen einen Campingplatz zu teilen.

GentleGamer: Welche Zeichnung wünschen sich die Fans bei ihren Signierstunden am meisten?

Don Rosa: Das kommt darauf an, ob mich die Leute kennen oder nicht. Wenn die Leute keine Ahnung haben wer ich bin und nur eine Grats-Zeichnung einheimsen wollen, ist es ein fröhlicher Donald Duck.

Wenn es allerdings Fans meiner und Carl Barks‘ Arbeit sind, die sich auch mit den Geschichten auskennen, ist es ein jüngerer Dagobert Duck als Goldgräber oder Nelly.

GentleGamer: Und welcher Zeichnungswunsch war bisher der merkwürdigste?

Don Rosa: Da muss ich überlegen. In den USA lehne ich oft Wünsche ab. Das liegt aber daran das 99 % der Menschen in den USA überhaupt keine Ahnung haben, dass es Donald Duck Comics je gab.

Das liegt leider daran, dass in den USA der Superhelden-Kult regiert und Donald oder Dagobert-Geschichten diesem Schema nicht folgen und sich deshalb schlecht verkaufen.
So passiert es bei US-Connventions oft, dass sich Leute einen Donald Duck als Wolverine oder Onkel Dagobert als Batman wünschen. Darauf antworte ich nur: „Nein das zeichne ich nicht, ich bin hier um Donald Duck für Donald Duck – Fans zu zeichnen.

Welche seltsamen Wünsche habe ich sonst noch bekommen … gerade gestern habe ich noch einen bekommen. Wieder einmal von jemandem der kein Fan war, sondern nur eine Gratiszeichnung wollte. Er sah einen dieser Drucke, die Stefan verkauft (Anmerk. der Red.: Don bezieht sich hier auf den Organisator seiner Deutschlandtouren und Besitzer des Comics und Spielzeug – Geschäfts in Untertürkheim Stefan Brenner) und deutete auf Dagobert und sagte, er wolle genau diese Zeichnung.


Ich sagte ihm dass es überhaupt keinen Sinn macht diesen Dagobert zu zeichnen, da es vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen ist. Wieso? Wieso sollte ich das zeichnen? Ich sag dir wieso. Weil er überhaupt keine Ahnung hatte, was er da eigentlich sieht. Er glaubt das treibt Dagobert den ganzen Tag, leckt an einer Kugel, trägt eine Krone und steht neben einem Pinguin.
Dann wollte er nur Dagobert mit der Krone. Als ich ihn fragte. ob er wisse was diese Krone bedeutet, konnte er es mir natürlich auch nicht sagen.

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In Europa sind das allerdings Ausnahmen. Hier ist es nämlich umgekehrt, hier kennen 99 % der Menschen die Duck Comics.

Ich persönlich liebe es Zeichnungen von Dagobert anzufertigen, die aus „Onkel Dagobert – sein Leben, seine Milliarden“ stammen. Cowboy Dagobert oder Klondike Dagobert zeichne ich mit deutlich mehr Hingabe als wenn sich jemand eine Daisy Duck wünscht. Die kritzle ich dann schnell hin, da sie eine Erfindung aus dem Hause Disney und ein beleidigende stereotypische Figur ist. In Nelly oder Gundel Gaukelei steck ich viel Arbeit, da sie Figuren mit Persönlichkeit und Carl Barks Erfindungen sind.

Leute zeigen immer auf Figuren und wollen diese gezeichnet haben. Wenn ich nach dem Namen der Figur frage und sie können mir diesen nicht nennen möchte, ich wissen weshalb sie eine Zeichnung von einem Charakter haben wollen. den sie nicht einmal kennen. Das macht, zumindest für mich, keinerlei Sinn.

GentleGamer: So kann man wohl am besten den wahren Fan vom einfachen „Schmarotzer“ unterscheiden.

Don Rosa: Absolut, sag mir wer das ist und ich zeichne dir die Figur mit Freuden. Komm mir mit Daisy Duck und du bekommst eine kurze Zeichnung. Steh vor mir und sage: „Ich möchte Dagobert als Cowboy aus dem Jahre 1882 in Montana“ und ich verbringe 10 Minuten, um ihn so gut wie möglich für dich zu zeichnen.

GentleGamer: Vor nicht allzu langer Zeit haben sie eine Hausbesichtigung aufgenommen und auf DVD veröffentlicht. In dieser sieht man ihre beindruckende Sammlung an Duck-Figuren. Wissen sie, wie viele sich aktuell in ihrem Besitz befinden?

Don Rosa: Puh… eine genaue Zahl habe ich nicht. Es sind jedenfalls Tausende. Comics besitze ich etwa 50.000 Stück.

GentleGamer: Sie haben einmal über ihr Arbeitsverhalten gesprochen und erwähnt, dass sie es nie länger als 45 Minuten aushalten, ein Buch zu lesen oder einen Film zu sehen. Hat sich das mit ihrem Abschied aus dem Comic-Business inzwischen verändert?

Don Rosa: Nein – das ist eine lebenslange Sache. Es ist anstrengend – ich kann mich nicht hinsetzen und ausruhen. Ich bin ständig in Bewegung und muss immer irgendetwas tun. Ich werde dieses Verhalten auch nicht mehr los.

GentleGamer: Welche qualitativen Merkmale sind oder waren ihnen in Sachen Zeichnungen und Storytelling am wichtigsten?

Don Rosa: Eine schwierige Frage. Ich denke eine der Tatsachen die Fans am meisten an meiner Arbeit schätzen, sind die Details die ich nur für die Fans einfüge. Ich arbeite nicht für den Verleger, sondern für die Fans. Ich habe mir immer Extra-Mühe gegeben Details und Hintergründe besonders zu gestalten, um den Fans etwas mehr zu geben.

Reporter erzählen mir immer in Interviews ich sei zu bescheiden. Aber ich halte nicht viel von meinen Zeichnungen. Es folgt nicht den typischen Regeln des Comiczeichnens. Es ist sehr roh und ungelernt. Meine Texte sind manchmal wohl auch etwas zu kompliziert und ich verwende zu viele Worte. Allerdings höre ich dann wieder von Fans, dass ich zu bescheiden bin und sie meine Arbeit sehr mögen.

Wenn mir Reporter allerdings die richtigen Fragen stellen wirke ich sicher nicht so bescheiden. Wenn man mich beispielsweise fragen würde, ob meine Comics unterhaltsam sind würde ich antworten: „Verdammt nochmal ja!“
Wie ich bereits sagte, ich zeichne nicht um Verleger oder Disney zu erfreuen, sondern um meine Fans bzw. Carl Barks-Fans zu unterhalten. Es mag mir nicht immer gelingen, aber ich versuche ist und das ist der wichtigste Aspekt für mich.

GentleGamer: Inwiefern unterscheidet sich ihre Arbeitsweise bei ihren Werken der Ducks zu ihrem Werk „Captain Kentucky“?

Don Rosa: „Captain Kentucky“ handelte immer vom aktuellen Zeitgeschehen, während die Ducks in einer vergangenen Zeitperiode angesiedelt sind. Ich habe bei beiden allerdings den gleichen Sinn für Humor verwendet und beide für Erwachsene gezeichnet.

Leute sagen mir immer ich habe mir doch einen Namen gemacht und jeder Verleger würde mich mit Handkuss veröffentlichen, gerade hier in Europa. Darauf antworte ich nur, dass ich jederzeit eine Figur erfinden könne, aber nicht mit dieser aufgewachsen bin. Deshalb würde sie mich kein bisschen interessieren. Es wäre nur ein Weg Geld zu verdienen. Sich allerdings die Zeit zu nehmen, zu zeichnen und Geschichten zu erfinden ist eine ganz andere Ebene der Erfüllung.

GentleGamer: Vielen Dank für ihre ausführlichen Antworten und ihre Zeit.

Vielen Dank an dieser Stelle an Stefan Brenner und sein Team von Comic & Spielzeug für die Möglichkeit Don zu interviewen. Des Weiteren möchten wir uns für die Teilnahme an unserer Charity-Aktion „PlaY AiD“ bedanken für die Don zwei Ausgaben von „Onkel Dagobert – sein Leben, seine Milliarden“ signiert und eine exklusive Onkel Dagobert Zeichnung angefertigt hat.

Natürlich gilt unser Dank auch Don Rosa persönlich.

One comment

1 Pings/Trackbacks for "Don Rosa Interview 2014"
  1. […] sollte spätestens bei der Tatsache auffallen, dass der Comic & Spielzeug seit 2002 die Don Rosa-Signiertouren organisiert und Stefan ein guter Freund Dons ist. Nach einigen Gesprächen konnten wir sogar in […]

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