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Hiroshi Yamauchi – Ein Nachruf

Hiroshi Yamauchi, der Mann, der die Spielkartenfirma seines Ur-Großvaters, Nintendo, in eine der wichtigsten und einflussreichsten Videospielfirmen der Welt verwandelte, starb am Donnerstag in einem Krankenhaus in Kyoto, Japan. Ursache des Todes waren laut offiziellem Statement von Nintendo Japan Komplikationen, die durch eine schwere Lungenentzündung verursacht wurden. Er wurde 85 Jahre alt.

Hiroshi Yamauchi stand 53 Jahre lang (1949 – 2002) an Nintendos Spitze und gab seinen Posten erst 2002 an seinen Nachfolger Satoru Iwata weiter.

Im Alter von nur fünf Jahren verließ Yamauchis Vater die Familie und ließ ihn sowie seine Mutter zurück. Diese musste anschließend mit der Schande leben, eine gescheiterte Ehe geführt zu haben. Der kleine Hiroshi wurde in Folge dessen bei seinen Großeltern untergebracht und lebte bei ihnen. Großmutter Tei und Großvater Sekiryo Yamauchi (der zweite Präsident von Nintendo) erzogen ihn mit strenger Hand. Das Verhältnis zwischen den dreien wurde als beinahe „geschäftlich“ beschrieben.

Interessant ist die Tatsache, dass Hiroshi Yamauchi nie Interesse daran hatte, in das Familiengeschäft einzusteigen. Während des zweiten Weltkrieges wollte er Soldat werden, was ihm von seinen Großeltern allerdings verboten wurde. Anschließend studierte er Jura und strebte an Anwalt zu werden.

Im Jahr 1949 wurde er im Alter von nur 22 Jahren zum Präsidenten von Nintendo ernannt, nachdem sein Großvater erkrankte und Hiroshi gezwungen wurde, den Posten zu übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt produzierte die kleine, in Kyoto ansässige Firma nur japanische Spielkarten (Hanafuda). Diese waren im Übrigen sehr beliebt bei der japanischen Mafia, der Yakuza.

(Bedruckte Hanafuda Karten von Nintendo)

Yamauchi baute die Produktion der Spielekarten weiter aus und stellte anschließend Gesellschaftsspiele, Lightguns, Baseballwurfmaschinen und andere Spielzeuge her. Auch ein Taxiunternehmen, Fertiggerichte und Liebeshotels wurden unter seiner Führung ins Leben gerufen, doch nach wenig erfolgreichen Jahren wieder eingestellt.

Er suchte fieberhaft nach dem nächsten großen Geschäft, da er wusste das Nintendo nicht von Poker und anderen Spielkarten überleben könnte. Zehn Jahre nachdem er die Firma übernommen hatte, fand er eine Möglichkeit die Firma erfolgreich zu machen. Er schloss einen Deal mit Disney ab, um bekannte und beliebte Charaktere wie Mickey Mouse und Donald Duck auf Spielkarten zu drucken. Bisher hatte Nintendo nur Karten für Erwachsene hergestellt, doch dank dieser Vereinbarung waren auch nun Kinder eine Zielgruppe.

(Nintendo’s altes Firmenschild vor der Umfirmierung)

Dank dieses Schachzuges wurde Nintendo zum größten Spielkartenproduzenten Japans. In den frühen 70er Jahren stellte er schließlich einen Spielzeugerfinder mit dem Namen Gunpei Yokoi ein. Dieser entwickelte Nintendos ersten Spielzeug-Hit, die Ultra Hand: Ein Greifarm mit zwei Hebeln der mit bunten Kugeln ausgeliefert wurde. Gunpei Yokoi erwies sich als Glücksgriff für Yamauchi und Nintendo, da er wie kein anderer vor und nach ihm die Videospielbranche mit seinen Erfindungen prägte (Gameboy, das Steuerkreuz, Game & Watch …).

In den späten 70er Jahren begann Nintendo mit der Herstellung ihrer ersten Spielekonsole, dem Color TV Game6. Diese stationäre Konsole verfügte über sechs eingebaute Varianten von Pong und wurde im darauffolgenden Jahr mit einer Version, die über 15 Spiele verfügte, ausgetauscht.

(Gunpei Yokoi – Erfinder des Gameboys und vielen weiteren Nintendo Produkten und Spieleserien)

1977 stellte Yamauchi einen jungen unerfahrenen Studenten ein, um einem langjährigen Freund einen Gefallen zu tun. Dieser junge Student war Shigeru Miyamoto. Miyamoto, der eigentlich Mangakünstler werden wollte, wurde zum einflussreichsten Videospielentwickler der Welt und erschuf neben Super Mario auch die Legend of Zelda, Star Fox, Pikmin und Donkey Kong-Reihe.

Nach dem Videospielcrash von 1983 wollte Yamauchi nicht aufgeben und hielt weiterhin an der Idee einer Videospielkonsole fest. Nachdem man einige Erfahrungen mit den Pong Geräten gemacht hatte, gab er Yokoi und seinen Mitarbeitern die Aufgabe, eine Konsole zu konzipieren, die günstig sein und sich von der Masse abheben sollte. Das Ergebnis war das Nintendo Famicom (kurz für Family Computer) oder auch Nintendo Entertainment System in Europa und den USA.

(Nintendo’s erste Konsole – TV Game 6)

Man nannte es bewusst nicht ein Videospiel System, da Händler keinerlei Interesse an einem Verlustgeschäft hatten nach dem Videospiel Crash. Nachdem das NES einschlug wie eine Bombe, knobelte er unsagbar harte Verträge mit 3rd Party Entwicklern aus, die Nintendo enorme Summen einbrachten. Selbst wenn das Spiel floppte, verdiente Nintendo an den Lizenzen, die sie an die Entwickler ausgaben.

Nähere Einzelheiten zu Nintendos Marketing Strategie beleuchten wir ein anderes Mal da dies sonst den Rahmen sprengen würde. Fakt ist jedoch, dass viele Entscheidungen von Hiroshi Yamauchi wegweisend für Nintendo und die gesamte Videospielindustrie waren. Das Einstellen und Fördern von Gunpei Yokoi und Shigeru Miyamoto waren dabei nur ein kleines Beispiel.

Er teilte die heute noch bestehenden Entwicklerteams in R&D1, R&D2 und R&D3 und lies diese in stetigem Konkurrenzkampf stehen, um die bestmöglichste Leistung von seinen Mitarbeitern zu erzielen. Er hatte ein ausgeprägtes Auge für junge Talente und wusste genau, wie er ihre maximale Leistung herauskitzeln konnte. Nachdem Nintendo die Lizenz zu Popey verloren hatte, beauftragte Yamauchi den jungen Miyamoto ein eigenes Spiel zu entwerfen. Das Ergebnis war Donkey Kong und brachte Miyamoto auf den Weg des legendären Spieledesigners, der er heute ist.

Er konnte aber auch anders. Gegen Ende seiner Karriere gab er zu, keinerlei Ahnung von Videospielen zu haben und selbst nie eines gespielt zu haben. Dennoch zitterten seine Angestellten vor seinem Urteil. Gefiel ihm auch nur ein Aspekt an einem Spiel nicht, konnten Monate an harter Arbeit eingestampft werden und das mit nur einem Satz. Lob und Anerkennung von ihm war so wertvoll und angesehen, dass die Motivation seiner Mitarbeiter für Monate in die Höhe schossen, nachdem sie dies erhielten.

Der Erfolg hielt für Yamauchi und Nintendo bis zum Launch des Nintendo 64 an. Zwar hatten sie mit Sega einen starken Konkurrenten bekommen, triumphierten aber dank exzellenter Software, gutem Marketing und einigen Fehlentscheidungen von Sega. Mit dem Release des Nintendo 64 und der gescheiterten Zusammenarbeit mit Sony kamen jedoch erste große Probleme. Durch die Entscheidung weiterhin auf teure Spielemodule zu setzen, wandten sich viele Spieleentwickler von Nintendo ab, um exklusiv für Sonys Playstation zu entwickeln.

Yamauchi, der ein sehr traditioneller Geschäftsmann war, sah darin persönlichen Verrat und sagte einmal in einem Interview das solange er Präsident von Nintendo ist, Square Soft nie mehr Spiele für Nintendo Plattformen entwickeln wird.

Im Jahre 2002 als Hiroshi Yamauchi bereits 75 Jahre alt war, benannte er kurz nach dem Release des Nintendo Gamecubes seinen Nachfolger. Er wählte dabei bewusst niemanden aus seiner Familie (wie es eigentlich Tradition ist), sondern beförderte den bei HAL Laboratory angestellten Satoru Iwata zum neuen Präsidenten. Iwata sagte einmal, dass nachdem er die Nachricht erhielt, ins Büro von Yamauchi zu kommen, er sich zu 100 % sicher war, nun gefeuert zu werden. Wie wir wissen kam es anders und Iwata brachte Nintendo mit dem Release des Nintendo DS und der Wii wieder auf Kurs und ist heute immer noch der Präsident der Firma.

Yamauchi verließ Nintendo jedoch nie ganz und fungierte bis 2005 noch als Beiratsmitglied und anschließend als Berater und Anteilseigner der Firma. In seinem Besitz waren 10 % der Nintendo Aktien, die nun an seine Hinterbliebenen übergehen. Seine Pension, die sich zwischen 9 – 14 Millionen US Dollar belief, lehnte er ab mit der Begründung, Nintendo können das Geld besser verwenden.

Mit einem Gesamtvermögen von sage und schreibe 2 Billionen US Dollar war er der 12.-reichste Japaner. Im Jahre 2010 spendete er 83 Millionen US Dollar, um in Kyoto ein Krankenhaus für Krebspatienten zu errichten. Er verstarb am 19. September 2013 an den Folgen einer Lungenentzündung. Er hinterlässt ein gewaltiges Vermächtnis und eine Firma, die nach wie vor in der Videospielbranche mitmischt. Satoru Iwata äußerte sich heute zu seinem Tod wie folgt:

„Die gesamte Nintendo-Gruppe wird Hiroshi Yamauchi immer weiter verehren, um den Wert der Unterhaltung, den er uns vermittelt hat, immer weiter zu liefern und seinen Geist weiter zu tragen. Er gab uns vor, dass es von Vorteil ist, etwas anderes zu machen und gleichzeitig mit der Zeit und neuen Technologien zu gehen. “

Zum angeblichen Ende des Konsolenkrieges während der Playstation 2 Ära hat er einmal gesagt:

“That’s absolutely wrong; the gaming wars, they will never end. That’s just not how this business works. Nobody knows what tomorrow will bring.”

Wer Interesse an Nintendo’s genauer Timeline hat, kann auf der offiziellen Homepage recherchieren.

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  1. […] Jahr 2002 wurde Satoru Iwata von Nintendos damaligem Präsidenten Hiroshi Yamauchi in dessen Büro zitiert. Der festen Überzeugung er würde gefeuert werden, wurde Iwata allerdings […]

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