Ein braunhaariges Mädchen, das zum Objekt der Begierde eines Vampirs wird und zwischen ihm und ihrem Freund aus Kindheitstagen steht – was hier ganz nach „Twilight“ klingt, ist ebenfalls ein Grundelement des 2005 in Japan erschienenen Mangas „Vampire Knight“ und dem gleichnamigen Anime. „Vampire Knight“ ist dabei völlig unbeeinflusst von dem seit knapp zehn Jahren um sich greifenden Glitzervampir-Hype und zeigt sich eher in der Tradition traditioneller Vampirliteratur, die in diesem Fall einem jugendlichen Publikum eher zugänglich gemacht wird.
Die Heldin der 19-teiligen und mittlerweile abgeschlossenen Manga-Reihe und den zwei DVD-Boxen mit insgesamt 26 Folgen ist die junge Yûki Cross, die im Gegenteil zu der naiven Bella aus „Twilight“ von Anfang an in vollem Bewusstsein bezüglich der Existenz der nachtwandelnden Blutsauger lebt. Denn Yûki lebt in der Cross-Akademie, einem Internet, das ihr Adoptivvater leitet, und das die Besonderheit aufweist, in dualen Klassen zu unterrichten. Die Day-Class wird dabei von menschlichen Schülern besucht, die Night-Class von jungen Vampiren, die ihrem Anführer Kaname Kuran gefolgt sind, als dieser mit dem Direktor der Schule die Idee entwickelte, einen Ort zu schaffen, wo Menschen und Vampire friedlich miteinander Umgang haben können.
Es ist kein Wunder, dass die Mitglieder der Night-Class, die trotz der Nähe der Wohnheime wenig Kontakt zu den menschlichen Schülern haben, im Fokus des allgemeinen Interesses der normalen Studenten stehen.
Um den reibungslosen Ablauf kümmert sich Yûki als Vertrauensschülerin. Hilfe bekommt sie dabei von einem jungen Mann namens Zero, der sein eigenes dunkles Geheimnis in sich trägt.
An der Cross-Akademie entspinnt sich schnell ein interessantes und diffiziles Personengeflecht: Die gutherzige Yûki hat eine außergewöhnliche Verbindung zu Kaname Kuran, mit dem sie eine gemeinsame Vergangenheit verbindet. Er war es, der sie vor Jahren vor einem in Raserei geratenen Vampir rettete. Als ebenso mysteriös wie vielschichtig erweist sich aber auch der Charakter von Zero, der ebenfalls als Waise wie Yûki in die Cross-Akademie gekommen ist, im Gegensatz zu ihr aber aus einer Familie von Vampirjägern stammt. Alle drei werden in das Intrigenspiel der Vampirclans und dem Bund der Vampirjäger hineingezogen, und müssen erkennen, dass selbst das, was sie als unabänderliche Tatsache gesehen haben, sich in Sekundenschnelle verändern kann. Als ein alter gemeinsamer Feind auftaucht, müssen Yûki, Kaname und Zero sich entscheiden, welche Position sie wirklich einnehmen wollen.
„Vampire Knight“ übernimmt ein klassisches Vampirbild, unterteilt dieses aber in die reinblütige Oberschicht, in die politisch unbedeutende Mittelschicht und die Level-E-Vampire, die aus degenerierten Menschen bestehen, deren Blutdurst über sie herrscht und sie zu unberechenbaren Monstern macht. Gerade Kaname ist ein Beispiel eines altehrwürdigen Vampirs, der sich seiner Macht und seiner Ausstrahlung äußerst bewusst ist. Abgeschwächt wird das erotische Level der Geschichte durch die eindeutige Orientierung zu einer jungen Zielgruppe. Die Kämpfe sind nicht ausgesprochen blutig, die Erzählweise langsam, subtil und von einer stetigen Melancholie geprägt. Während die Identifikation in der ersten Staffel der Gesamtausgabe noch leicht fällt, wird es zunehmend schwerer, die Beweggründe aller handelnden Figuren nachzuvollziehen, da sie ihre Geheimnisse lange für sich behalten und die Auflösung ein wenig holprig ausfällt.
Die größte Schwäche des ansonsten gut umgesetzten Animes ist definitiv das Ende, das nach dem langen Spannungsanstieg ungewohnt knapp ausfällt und viele Fragen offen lässt. So bleibt ein etwas unbefriedigter Eindruck und der Nachgeschmack des Gefühls, dass man vielleicht irgendeinen wichtigen Hinweis zur Auflösung des ganzen Dilemmas verpasst haben könnte.
In diesem Fall empfiehlt es sich, wenn man Interesse an den genaueren Details und an den zahlreichen Nebenfiguren hat, doch den Manga auch zu lesen.
Die DVD-Staffel zu „Vampire Knight“ kommt mit einem Booklet, in dem Anmerkungen der Mangaka Matsuri Hino zu der Produktion und vor allem zu den Charakteren zu finden sind, zusammen mit einigen skizzenartigen Zeichnungen. Auch die zweite Staffel hat ein solches Booklet, das jedoch noch um Kommentare des Produktionsteams und Skizzen von Orten im Manga und im Anime erweitert wurde. Das Farbschema des Animes, bestehend aus schwarz, weiß und rot, wurde konsequent auch im Design der Boxen durchgehalten. Leichte Variationen im Rotton kündigen dabei bereits die düsterere Gangart der zweiten Staffel an. Als Sprachversionen stehen eine nicht schlechte deutsche Synchronisation oder das hervorragende japanische Original zur Verfügung (beide nur in 2.0 Stereosound verfügbar), Untertitel gibt es nur auf Deutsch und Polnisch.
Wen die langsame Erzähltechnik und der Fokus auf einer recht klischeehaften Dreiecksbindung nicht stören, kann mit „Vampire Knight“ einen feinsinnigen Anime mit einem ganz eigenen melancholischen Charme genießen und wird eventuell dazu eingeladen werden, sich doch an den Manga zu wagen, der in weitaus detaillierterer Weise die zarte, dunkle Geschichte über Yûki und die zwei Männer in ihrem Leben erzählt.
- Medium: DVD
- Publisher: KAZE
- Studio: Studio Deen
- Genre: Romantik / Fantasy / Shojo
- Release-Deutschland: 27. Januar 2012
- FSK-Freigabe: 16
Wenn ich daran denke, dass ich mehr in meinem Leben mit Videospielen zu tun hatte als nicht, zeigt es mir zum einen, wie alt ich bin und wie lange ich mittlerweile dem Gaming zugetan bin. Meine erste Konsole war das SNES und spätestens ab diesem Zeitpunkt war ich dieser Leidenschaft verfallen, die bis heute anhält. Auch wenn durch den Alltag leider die Zeiten von verspielten Tagen vorbei sind.
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