Wenn ihr in den vergangenen Jahren eines der zahlreichen Far Cry Titel (ab Teil 2) gespielt habt, dann könnt ihr euch direkt ausmalen, was euch in Far Cry 6 erwartet. Ubisoft ist zurück mit ihrer etablierten Formel an Open-World und zahlreichen kleinen Markierungen auf einer großen Karte. Ob das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen der inzwischen über 10 Jahre alten Formel ist, ergründen wir in unserem Test zu Far Cry 6.
Here we go again
Wenn ihr mit Far Cry 6 zum ersten Mal mit der Ubisoft-Formel in Berührung kommt, dann werdet ihr eine große Spielewelt mit allerlei spannenden Haupt- und Nebenmissionen vorfinden. Das Markenzeichen der Serie, die chaotische Action, kehrt zurück, ebenso wie die charismatischen Charaktere, der große Widersacher und KI-Begleiter. Für Neulinge also äußerst spannend und für Wiederholungstäter – mehr vom Altbewährten.
Die Fans, die von der aktuellen Formel ausgebrannt sind, werden ab dieser Stelle im Far Cry 6 Test entweder mit den Augen rollen oder den Tab schließen. Denn Far Cry 6 versucht nicht, die Erwartungen zu unterlaufen oder zu übertreffen.
Das Spiel ist genau so, wie man es sich vorstellt, mit den üblichen Basen, die es zu erobern gilt, und banalen Hauptaufgaben, die ihr monoton abrattern müsst. Wer von den Vorgängern die Nase voll hat, sollte Far Cry 6 meiden wie die Pest. Wenn der sich immer gleiche Gameplayloop überstanden ist, erwartet euch nur Langeweile. Das ist ein ziemlicher Kontrast zum Spaß den Neulinge der Far Cry-Reihe haben werden, aber die Ubisoft Formel besteht nun seit mehr als 10 Jahren und zieht sich durch nahezu jedes Franchise des französischen Entwickleriesen.
Was das Spiel in erster Linie richtig macht, ist seine große und offene Spielewelt. Die abwechslungsreiche und wunderschöne Umgebung auf der Insel Yara (die sicherlich durch Kuba inspiriert ist) bietet euch das typische tropische Inselsetting, das man aus der Reihe kennt.
Nachdem Far Cry 5 meist an jeder Ecke mit Feuergefechten auf euch gewartet hat, ist es eine gute Entscheidung seitens der Entwickler gewesen, euch einfach mal atmen, sprich reisen und entdecken zu lassen, ohne ständig gestört zu werden. Wenn doch einmal Feinde euren Weg kreuzen, muss dich jedoch nicht zwangsläufig im Kugelhagel enden, sondern kann auch durch die gute alte Bestechung gelöst werden. Dies klingt im ersten Moment nur wie eine kleine Änderung des Spielablaufs, aber es bietet euch eine andere Möglichkeit, Ziele neben der üblichen Schleich- und Scharfschützentaktik anzugehen.
Solltet ihr euch dennoch für den Weg des größten Widerstands entscheiden, sorgt das solide Gunplay für intensive und unterhaltsame Schießereien, die sich dank einer riesigen Waffenauswahl abwechslungsreich gestalten können. Ubisoft hat sich in dieser Hinsicht wirklich ins Zeug gelegt.
Neben den Standardwaffen sind überall in der offenen Welt besondere Waffen zu finden, die ihr mit speziellen Perks und unterschiedlichen Lackierungen erweitern könnt. Und dann sind da noch die Resolver-Waffen, die das ganze Gungameplay absolut absurd gestalten. Eine Vorrichtung mit der ihr CDs auf Feinde abfeuert? Eine Maschine ,die euch per Knopfdruck Panzer außer Gefecht setzen lässt oder eine Scharfschützengewehr mit Explosionskraft? Jupp – diese Waffen könnt ihr in Far Cry 6 finden.
Diese Waffen sorgen für gehöriges Chaos und Spielspaß wie man es sonst nur aus GTA kennt (wenn man die passenden Cheats aktiviert hatte). Übernehmt Stützpunkte, um Schnellreisepunkte freizuschalten, gewinnt Rennen in verschiedenen unhandlichen Fahrzeugen, fahrt mit dem Feind um die Wette, um Nachschub zu erhalten und Ressourcen zu erbeuten, mit denen ihr Siedlungen verbessern könnt und vieles mehr.
Dies ist wieder einmal der Aspekt der Ubisoft Formel, der für viele den Ausschlag für oder gegen das Spiel geben kann. Die Aufgaben wiederholen sich immer wieder und wieder über ein großes Spielgebiet und geben euch die Illusion des Fortschrittes. Mal erledigt ihr die gleichen Aufgaben im Süden und Mal im Norden. Ändern wird sich dabei nur eure Umgebung bedingt. Gegnertypen, das Gameplay und der Fortschritt bleiben allerdings identisch.
Neuerungen in Far Cry 6
Die vielleicht größte Überarbeitung in Teil 6 ist das neue Ausrüstungssystem, das die Fertigkeitsbäume vollständig ersetzt und stattdessen die gesammelten Rüstungsteile mit Perks versieht.
Diese Neuerung ist an und für sich gar nicht so verkehrt, wenn sie nicht einfach nur „existieren“ würde. Das Spiel möchte, dass man seine Ausrüstung ständig an die jeweilige Situation anpasst, aber dies fühlt sich selten so wirklich gerechtfertigt an. Die Vorteile sind dabei ziemlich unbedeutend und haben nicht genug Gewicht, um den Spieler davon zu überzeugen, das Spiel zu unterbrechen um ein bestimmtes Ausrüstungsteil anzulegen, nur um in der künstlich erschwerten Situation zu reagieren. Es reicht völlig aus, die Rüstungsteile mit den besten Werten auszuwählen und die Perks dann ganz zu vergessen.
Eine Verschlimmbesserung in Far Cry 6 ist eindeutig das Munitionssystem. Es ist ein Stein-Schere-Papier-Szenario, in dem drei verschiedene Munitionstypen für bestimmte Gegnertypen stark und schwach sind, und erinnert eher an Taktikspiele wie Fire Emblem als an einen actionlastigen Egoshooter wie Far Cry.
Ihr werdet gezwungen, feindliche Basen zu erkunden und eure Waffen an die Art der Feinde anzupassen, was den Spielfluss zum Stillstand bringt, während ihr nach einer Werkbank in der Nähe sucht, um die notwendigen Änderungen vorzunehmen. Unternehmt ihr nämlich nicht die notwendigen Anpassungen, bekommt ihr es mit künstlich schweren Gegnern zutun, die einfach nicht auf euren Munitionstyp reagieren wollen. Dieses ganze System riecht nach unnötigem Strecken der Spielzeit, bei einem Titel der sowieso schon unnötig aufgebläht ist mit Content.
I bims, der Böse
Seit der erfolgreichen Einführung eines überspitzten Bösewichts in Far Cry 3, scheint es Pflicht zu sein, in jedem Teil der Reihe einen neuen bösartigen Paradiesvogel einzuführen. Giancarlo Esposito übernimmt dieses Mal diese Rolle und spielt Antagonist Anton Castillo in Begleitung seines Sohnes Diego. Der Erbe ist nicht ganz so begeistert davon, Yara mit eiserner Faust zu regieren, was zu einer interessanten Dynamik zwischen Vater und Sohn führt.
Und dann ist da noch der Rest der Geschichte… Es ist die typische Geschichte eines Landes, das von einem Diktator geführt wird. Armut greift um sich und die Unzufriedenheit der Bevölkerung führt bald zu Widerstandkämpfern und dem Versuch besagten Diktator mittels Revolution zu stürzen.
Far Cry 6 nimmt sich die Zeit, seinen wichtigsten Gesichtern einen kleinen Handlungsbogen zu geben, was sie sofort über die eintönigen Persönlichkeiten früherer Titel erhebt. In den Zwischensequenzen lernt man den Protagonisten Dani Rojas deutlich besser kennen als vergangene Serienhelden.
Grafik & Sound
Detaillierte Charaktermodelle und spektakuläre Ausblicke, gepaart mit einer üppigen und farbenfrohen offenen Spielewelt machen Far Cry 6 zu einem der schönsten Spiele, die bisher für PlayStation 5 erhältlich sind. Solide 60 Bilder pro Sekunde sorgen dafür, dass das Spiel sowohl in Momenten rasanter Action als auch in ruhigeren Phasen beim Durchstreifen des Waldes mithalten kann. Seltsamer Weise laufen die Zwischensequenzen jedoch nur mit halber Geschwindigkeit. Das führt zu einer ziemlich bizarren Unterbrechung, wenn es in diesen Zwischensequenzen mit 30 Bildern pro Sekunde läuft. Der Grund dafür ist uns ein Rätsel.
Leider taucht im Spiel auch des Öfteren Screen Tearing auf und hinterlässt beim ansonsten ansehnlichen Spielgeschehen einen negativen Beigeschmack.
- Plattform: PlayStation 4/5 (getestet), Xbox Series, Steam
- Publisher: Ubisoft
- Entwickler: Ubisoft Milan, Ubisoft Toronto
- Genre: Egoshooter
- Spieleranzahl: 1
- USK: 18
- Release: 06. Oktober 2021
Passionierter Videospieler seit dem dritten Lebensjahr. Angefangen mit dem Nintendo Entertainment System zog sich die Leidenschaft bis ins Erwachsenenalter. Heute als PR-Manager, freier Redner und Texter unterwegs. Zu den Lieblingsreihen gehören Metroid, Smash Bros, Super Mario und Halo 1-3.
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